Müllner Laurenz, Philosoph und Theologe. * Groß Grillowitz (České Křidlovice, Mähren), 29. 7. 1848; † Meran, 28. 11. 1911. Sohn eines Großgrund- und Ziegeleibesitzers; stud. Phil. und kath. Theol. in Brünn und Wien, 1871 Priesterweihe, dann Kooperator in Marchegg, 1875 in Wien-Leopoldstadt. 1876 Dr. phil. (Innsbruck). 1880 wurde M. mit Vorträgen über philosoph.-theolog. Propädeutik an der theolog. Fak. der Univ. Wien betraut und 1883 zum ao. Prof. der christlichen Phil. ernannt. Wegen seiner Beschäftigung mit Hauptproblemen der Naturphil. und vor allem mit der Darwinschen Entwicklungslehre mißverstanden und als „Reformkatholik“ verdächtigt, vermochte er sich im Winter 1886/87 bei der röm. Kurie gegen eine Denunziation so erfolgreich zur Wehr zu setzen, daß er 1887 o. Prof. der christlichen Phil. an der theolog. Fak. der Univ. Wien werden konnte. 1891/92 Dekan, 1894/95 Rektor. In seiner glänzenden Inaugurationsrede behandelte M. „Die Bedeutung Galileis für die Philosophie“, ein Thema, das ihn bis zu seinem Tod beschäftigte. Während seines Rektorates verteidigte er die Autonomie der Univ. gegen den niederösterr. Landtag und trat für Toleranz und Freiheit in der Forschung ein. 1896 wurde M. o. Prof. der Phil. an der philosoph. Fak. der Univ. Wien. In seinen Vorlesungen behandelte er prakt. Phil. nicht als von ihm abgelehnte Normwiss., sondern als Psychol. der Willensphänomene und der Wertbestimmungen, Probleme der Naturphil., sowohl Kosmol. als auch Entwicklungslehre und Logik, die er nach Anregungen von Rosenkrantz im ontolog. Sinn als Kategorienlehre vortrug. Von großer Bedeutung für die österr. Literatur wurde sein förderndes Interesse an der Schriftstellerin M. E. Delle Grazie (s. d.).