Neilreich, August (1803-1871), Botaniker und Jurist

Neilreich August, Botaniker und Jurist. * Wien, 12. 12. 1803; † Wien, 1. 6. 1871. Sohn eines Großhandlungsgesellschafters und späteren Wechselsensals; widmete sich an der Univ. Wien 1823–27 jurid.-polit. Stud. 1828 bestand er die Auskultantenprüfung aus dem Zivil- und Kriminalrecht und erhielt eine entsprechende Stelle beim Wr. Magistrat. 1841 wurde er Ratsprotokollist, 1846 Referent mit Sitz und Stimme, 1847 Rat beim Zivilgericht in Wien. 1848 wurde N. als Mitgl. in die Gerichts-Einführungskomm. für NÖ, 1853 in die niederösterr. Landeskomm. zur Einrichtung neuer Gerichte und zum Mitgl. der legislativen Sektion im Justizmin. berufen. 1850 OLGR, 1851 präsidierte er als solcher dem ersten Assisengericht in Wien. 1857 trat er krankheitshalber i. R. Trotz seines Leidens war N. in den folgenden Jahren unermüdlich botan. tätig. Ab 1865 war es dem bis dahin begeisterten Wanderer nicht mehr möglich, Exkursionen zu unternehmen. Dennoch arbeitete er an Hand seiner Smlg. und der Literatur bis zu seinem Tode weiter. Sein Vermächtnis übergab er Köchel (s. d.), dem Freund aus der Zeit seiner ersten botan. Ausflüge. N. war einer der größten Lokalfloristen Österr., dessen Bedeutung durch seine Gabe zu krit. Beobachtung aber weit über die Landesgrenzen hinausgeht. Schon seine erste botan. Publ., die umfangreiche „Flora von Wien“, ist von unschätzbarem Wert, weil sie den Wandel in der Zusammensetzung der Vegetation dieser Stadt deutlich macht und viele Standorte nennt, die durch Verbauen längst zerstört worden sind. Diesem Werk folgte die „Flora von Nieder-Österreich“, die erste ihrer Art, zu der N. später noch ergänzende Nachträge veröff. Danebenstehen zahlreiche kleine florist. und systemat. Arbeiten über Wien, NÖ, Tle. des heutigen Jugoslawien und Ungarn sowie hist. und biograph. Artikel zur Geschichte der österr. Botanik. Seine insgesamt 47 wiss. Publ. stellen auch heute noch wichtige Dokumente zur Erforschung der Flora Österr. und seiner Nachbarländer dar. Zu seinen Lehrern und Freunden, mit denen er in engem Gedankenaustausch stand, zählten u. a. Endlicher (s. d.), Fenzl (s. d.), Welwitsch und Reissek. N. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1860 Mitgl. der k. Leopoldin. Karolin. Akad. der Naturforscher in Halle, 1865 Dr. phil. h. c. der Univ. Wien, 1867 korr. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien und w. Mitgl. der Ung. Akad. der Wiss. Mehrere Pflanzenarten wurden nach ihm benannt, u. a. die Nelke Dianthus Neilreichii und die Hauswurz Sempervivum Neilreichii.

W.: Flora von Wien, 1846, Nachträge, 1851; Geschichte der Botanik in NÖ, in: Z. der Zoolog.-botan. Ges. in Wien, 1855; Flora von NÖ, 1859, Nachträge, 1869; Die Draben der Alpen und Karpathenländer, in: Österr. botan. Z., 1859; Aufzählung der in Ungarn und Slavonien bisher beobachteten Gefäßpflanzen, 1866, Nachträge, 1870; Diagnosen der in Ungarn und Slavonien bisher beobachteten Gefäßpflanzen . . ., 1867; Vegetationsverhältnisse von Croatien, 1868, Nachträge, in: Z. der Zoolog.-botan. Ges. in Wien, 1869; Die Veränderungen der Wr. Flora während der letzten 20 Jahre, ebenda, 1870; Krit. Zusammenstellung der in Oesterr.-Ungarn bisher beobachteten Arten, Formen und Bastarte der Gattung Hieracium, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 63, Abt. 1, 1871; etc.
L.: Wr. Ztg. vom 16. 7. 1871; Österr. botan. Z., 1859, S. 1 ff.; Botan. Ztg., 1871, S. 476 ff.; Verhh. der Zoolog.-botan. Ges. in Wien, 1871, S. 1313 f.; Almanach Wien, 1872; H. Riedl, A. N. (loser Bl. Druck für Sonderpostmarke zum 100. Todestag), 1971; R. Steinbach, Österr. Botaniker des 19. Jh., die nicht an Hochschulen wirkten, phil. Diss. Wien, 1959, S. 34 ff.; Wurzbach; Kosch, Das kath. Deutschland; ADB; Groner.
(H. Riedl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 31, 1976), S. 61f.
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