Nemetz, Andreas (1799–1846), Musiker, Militärkapellmeister und Komponist

Nemetz Andreas, Musiker, Militärkapellmeister und Komponist. Geb. Chwalkowitz, Mähren (Chvalkovice, CZ), 14. 11. 1799; gest. Wien, 21. 8. 1846; röm.-kath. Bauernsohn; verheiratet. – N. wurde von →Johann Leopold Kunerth in Kremsier ausgebildet. Um seiner Assentierung zu entgehen, begab er sich nach Ungarn, wo er in Ödenburg als Musiklehrer lebte. Mit 24 Jahren wurde er Posaunist des Wiener Hofopernorchesters. Er trat als Gitarrensolist auf und soll nicht nur meisterhaft alle Blasinstrumente, sondern auch vorzüglich Violine und Klavier gespielt haben. N. schrieb Instrumentalschulen für Posaune, Horn und Trompete. Seine 1827 erschienene Trompetenschule enthält die weltweit erste Anweisung für die Ventiltrompete. Von 1828 bis zu seinem Tod war er Militärkapellmeister beim Infanterieregiment Nr. 19. N. dürfte 1828 zudem der erste Militärdirigent gewesen sein, der gemeinsam mit →Johann Strauß (Vater) und →Joseph Lanner bei Veranstaltungen in Wien aufgetreten ist. Er war in zahlreichen Wiener Vergnügungslokalen aktiv und zählte wahrscheinlich zu den Ersten, die mit ihrer Militärkapelle neben der Bläserbesetzung auch in Streichbesetzung musiziert haben. Mit Beginn seiner Militärkapellmeister-Tätigkeit veröffentlichte er Pränumerationsanzeigen in der „Wiener Zeitung“; unter dem Titel „Harmonia“ sollten monatlich mehrere Werke für „türkische Musik“ sowie unter der Bezeichnung „Bellona“ ebenfalls monatlich Kompositionen für Harmoniemusik erscheinen. 1844 publizierte er seine „Allgemeine Musikschule für MilitärMusik“ (Reprint 2004), das einzige Werk dieser Art in der Monarchie. Es enthält Anweisungen für alle damals bei der Armee gebräuchlichen Instrumente sowie Partituren von Märschen und Hymnen wie auch Signale und Trommelstreiche. Der von N. im Auftrag des Hofkriegsrats komponierte „Manövriermarsch“ (Fußmarsch) in diesem Lehrwerk ist heute noch als „Einschlagen zum Marsch“ bei österreichischen Militär- und Zivilkapellen in Verwendung. 1845 erlitt er einen Schlaganfall, der ihn völlig handlungsunfähig machte, woraufhin er unter Kuratel gestellt werden musste. N. komponierte mehr als 60 Märsche, vielfach über beliebte Motive aus Bühnenwerken der Zeit. Sein „Alpensänger-Marsch“ sowie sein „Pasta-Marsch“ sind auch in der Sammlung der „Deutschen Armeemärsche“ zu finden. Viele seiner Werke wurden in den ab 1830 bei →Anton Diabelli erschienenen Heften der „Tivoli-Märsche“ veröffentlicht. Weiters schrieb er Tanzmusik, Kompositionen für Gitarre und das charakteristische Tongemälde „Die Bestürmung von Saida“ (1845) sowie Instrumentalschulen für Posaune, Horn und Trompete (letztere Reprint 2011).

L.: oeml; Wurzbach; Wiener allgemeine Musik-Zeitung 6, 1846, S. 408; F. S. Gaßner, Universal-Lexikon der Tonkunst, 1849; C. F. Becker, Die Tonkünstler des 19. Jahrhunderts, 1849, S. 94; E. Brixel, in: Österreichische Blasmusik 27, 1979, H. 3, S. 4; E. Brixel, in: Alta Musica 7, 1981, S. 157ff.; F. Anzenberger, in: Bekenntnis zur österreichischen Musik in Lehre und Forschung, 1996, S. 17ff.; F. Anzenberger, in: IGEB-Mitteilungsblatt. Internationale Gesellschaft zur Forschung und Förderung der Blasmusik, 2000, Nr. 2/3, S. 91ff.; F. Anzenberger, A. N., der „Komponist“ des „Einschlagens zum Marsch“, in: K.u.K. Militärmusik-Blog (Zugriff 13. 5. 2021); Pfarre Alservorstadtkrankenhaus, Wien.
(F. Anzenberger)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 31, 1976), S. 68
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