Neruda Jan, Schriftsteller. * Prag, 9. 7. 1834; † Prag, 22. 8. 1891. Sohn eines Greißlers; stud. einige Zeit Phil. und Jus, war aber dann aus materiellen Gründen kurze Zeit Beamter in der Militärbuchhaltung, 1856 Lokalred. der Ztg. „Tagesbote aus Böhmen“, 1858 Supplent an einer dt. Realschule in Prag. Später beschloß N., Journalist und freier Schriftsteller zu werden, und war 1859/60 Red. der Z. „Obrazy života“ (Lebensbilder), 1860 Feuilletonist der Ztg. „Čas“ (Die Zeit), 1862 Feuilletonist und Kritiker der Ztg. „Hlas“ (Die Stimme), 1865–91 Red. der liberaldemokrat. Ztg. „Národní listy“ (Volksbll.). Gem. mit V. Hálek (s. d.) gründete er die belletrist. Z. „Květy“ (Blüten) und „Lumír“, welche er 1865/66 bzw. 1873 red. 1883–91 war er Red. der von ihm gegründeten Reihe von Gedichtsmlg. „Poetické besedy“ (Poet. Unterhaltungen). Für seine journalist. Tätigkeit unternahm er wichtige Auslandsreisen (oft mit Unterstützungen seiner Freunde), 1863 nach Frankreich, 1868 nach Triest und Venedig, 1870 auf den Balkan, in den Nahen Osten und nach Italien, 1878 nach Norddeutschland und Helgoland. Die materielle Not zerstörte N.s erste Liebe zu seiner „ewigen Braut“, A. Holinová, gesellschaftliche Vorurteile seine innige Neigung zu der Schriftstellerin K. Mužáková (s. d.). Mangel an Verständnis und Krankheiten trieben ihn in den 80er Jahren in eine immer größer werdende Isolation. Ab dem Ende der 50er Jahre stand N. im Zentrum des kulturellen Lebens in Böhmen. Theoret., krit. und künstler. Vorkämpfer des Realismus, forderte er von der Kunst Ausdruck der sozialen und polit. Anliegen des Volkes, zugleich aber auch Abbild der Weltanschauung eines liberaldemokrat. modernen Menschenbildes zu sein. Diese Ideen findet man in seinen Literatur- und Theaterkritiken, im größten Tl. seiner über 2000 Feuilletons (die er mit einem gleichschenkeligen Dreieck signierte) sowie in seinen Gedichten und Prosastücken. N., der Begründer des tschech. Feuilletons, zeichnete in humorist. Erz. und Novellen charakterist. Figuren in der eigenartigen Atmosphäre der Prager Kleinseite und brachte in zahlreichen impressionist. Reisebildern dem tschech. Leser die fremde Welt nahe. In seinen Gedichten gelangte er von persönlichem Schmerz und Ironie zum Glauben an den menschlichen Fortschritt und an die gesunden Kräfte seines Volkes.