Neumann von Heilwart, Isidor (1832-1906), Dermatologe und Syphilidologe

Neumann von Heilwart Isidor, Dermatologe und Syphilidologe. * Mißlitz (Miroslav, Mähren), 2. 3. 1832; † Bad Vöslau (NÖ), 31. 8. 1906. Vater des Folgenden; stud. an der Univ. Wien Med., 1858 Dr. med.; arbeitete in den Abt. von Dittel (s. d.) und Türck als Hilfsarzt, bevor er 1859 Ass. in der Klinik für Dermatol. unter F. v. Hebra (s. d.) wurde. 1862 für dieses Fach habil. (1874 für Syphilidol. erweitert), übernahm er 1873 – zur Zeit einer schweren Blatternepidemie – das Primariat des städt. Blatternspitals Zwischenbrücken b. Wien. 1875 wurde N. ao.Prof., 1881 Vorstand der Univ. Klinik und Abt. für Syphilis in Wien, 1893 o.Prof., 1894 Hofrat. 1903 i. R. Seiner Ausbildung in der Klinik Hebras entsprechend, war N. zunächst nur Dermatologe. Sein Wissen auf dem Gebiet der Geschlechtskrankheiten erwarb er erst als Klinikchef und wurde bald auch auf diesem Gebiet ein ausgezeichneter Kenner. Er erfaßte die Notwendigkeit, beide Disziplinen in einer Klinik zu tradieren, und wandelte die Klinik zunächst prakt. in eine solche für Dermatol. und Syphilidol. um. 1903 erreichte N. gem. mit Kaposi (s. d.), daß diese Fächer als obligate Unterrichtsgegenstände in den Lehrplan der med. Fak. aufgenommen wurden. Anläßlich einer im Auftrag der Regierung durchgeführten Stud.Reise in die Okkupationsgebiete veranlaßte er dort gründliche sanitäre Verbesserungen. Er gab Richtlinien zur Bekämpfung endem. Krankheiten, vor allem der Lepra und der Syphilis, richtete Spitäler ein und sorgte für die Entsendung gut ausgebildeter Ärzte. Ein prophylakt. Dienst sollte die Einschleppung der Cholera durch die Mekkapilger verhüten. N. bereicherte die Dermatol. durch die Erfassung neuer Krankheitsbilder, so des Pemphigus vegetans (1886), der seinen Namen trägt. Er beschrieb 1875 – unabhängig von Wilson – den Lichen ruber planus. Auch die Kenntnis der Verruca senilis geht auf ihn zurück, ebenso die der Alopecia circumscripta orbicularis. N. stellte, unterstützt durch Wedl, umfangreiche histolog. Untersuchungen bei Hautkrankheiten an, etwa bei seniler Hautdegeneration, bei Argyrie, bei den Syphiliden sowie bei den Lymphgefäßen der Haut und machte Züchtungsversuche von pflanzlichen Hautparasiten. Seine Arbeiten auf dem Gebiet der Geschlechtskrankheiten fanden weniger Anerkennung. N. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1905 nob.

W.: Beitr. zur Kenntniß des Liehen exsudativus ruber, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 58, Abt. 2, 1868; Lehrbuch der Hautkrankheiten, 1869, 5. Aufl. 1880, auch engl.; Zur Kenntnis der Lymphgefäße der Haut der Menschen und der Säugethiere, 1873; Beitr. zur Kenntnis des Pemphigus, in: Wr. med. Jbb., 1876; Beitr. zur Ätiol. der Psoriasis, in: Allg. Wr. med. Ztg., Jg. 22, 1877; Atlas der Hautkrankheiten, 1881; Über Pemphigus vegetans, in: Archiv für Dermatol. und Syphilis, 1886; Lehrbuch der vener. Krankheiten und der Syphilis, 1888, 2. Aufl. 1896; Die Syphilis, in: Spezielle Pathol. und Therapie, hrsg. von H. Nothnagel, Bd. 23, 1896; Über Vererbung der Syphilis, in: Wr. klin. Ws., Jg. 17, 1904; Stud. an den altperuan. Tonfiguren und anthropomorphen Gefäßen in Bezugnahme auf das Alter der Syphilis und andere Hautaffektionen, in: WMW, Jg. 55, 1905; etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 6. 5. 1903, 1. 6. 1905, 31. 8., 1.–3. 9. 1906; Med. Bll., 1906, H. 36; Dt. med. Ws., Jg. 32, 1906, S. 2119 f.; Archiv für Dermatol. und Syphilis 82, 1906, S. 311 ff. (mit Werksverzeichnis); Wr. klin. Ws., Jg. 19, 1906, S. 478 f., 1127 f., Jg. 58, 1946, S. 478 f.; Wr. klin. Rundschau, Jg. 37, 1906, S. 697 f.; Allg. Wr. med. Ztg., Jg. 51, 1906, n. 36; Dermatolog. Z., 1906, S. 675 f.; Münchner med. Ws., 1906, S. 1828 f.; WMW, Jg. 56, 1906, S. 1829; Feierl. Inauguration, 1906/07; Hirsch; Pagel; Eisenberg, 1893, Bd. 2; Wininger; Jew. Enc.; Jüd. Lex.; Biograph. Jb., 1908; E. Finger, Zur Geschichte der Wr. Schule für Haut- und Geschlechtskrankheiten, in: WMW, Jg. 63, 1913, S. 2310 ff.; J. H. Rille, 50 Jahre Wr. Dermatol., in: Wr. klin. Ws., Jg. 58, 1946, S. 477 ff., 496 ff.; Schönbauer; Lesky, s. Reg.; Mitt. H. Morgenstern, St. Pölten (NÖ) und B. Brandeis, New York (USA).
(M. Jantsch)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 31, 1976), S. 96f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>