Nikel, Hugo Ludwig (1867–1927), Techniker, Offizier und Redakteur

Nikel Hugo Ludwig, Techniker, Offizier und Redakteur. Geb. Polnisch Ostrau, Schlesien (Slezska Ostrava, CZ), 6. 5. 1867; gest. Wien, 11. 8. 1927. Ab 1892 mit Louise Nikel, geb. Körper (geb. um 1868; gest. 7. 6. 1893), ab 1906 mit Maria Steiner (geb. 5. 12. 1883; gest. 6. 6. 1960), verheiratet. – Nach dem Besuch der Oberrealschule absolvierte N. den technischen Kurs und verschiedene Vorlesungen im Militärgeographischen Institut in Wien. Nach seiner Ausbildung zum Vermessungstechniker erhielt er als Markscheider beim Kohlebergbau für zwei Jahre seine erste Stellung, war dann zwei Jahre bei Trassierungsarbeiten beim Eisenbahnbau beschäftigt und leistete anschließend Militärdienst. Hier kam er 1889 in das militär-geographische Institut in Wien und wurde Oberrat I. Klasse. Als Kartograph und Flugtechniker tätig, war N. ab 1895 nebenbei Redakteur der Zeitschrift „Illustrierte Aeronautische Mitteilungen“ (Berlin) sowie 1909–11 Chefredakteur der Zeitschrift „Flug- und Motortechnik“, Organ des Österreichischen Flugtechnischen Vereins in Wien. Nachdem sein Interesse auf Flugdrachen gelenkt worden war, entwarf er ab 1898 eigene Drachen, mit denen Instrumente zur Erforschung der Luftschichten hochgeschleppt wurden. Auch →Theodor Scheimpflug benutzte für die ersten Versuche mit seiner Panoramakamera 1900–01 N.-Drachen. Über seine Versuche mit neuen Registrier-Drachen schrieb N. 1898 in der „Zeitschrift für Luftschiff und Physik der Atmosphäre“ und in den „Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen“. 1909/10 entwickelte er eine eigene Flugzeugkonstruktion, die er abgewandelt im selben Jahr in dem bei der Wiener Firma Jacob Lohner & Co. gebauten Monoplan „Bussard“ mit Argus-Motor verwirklichte. Statt der üblichen Querruder oder verwindbaren Tragflächenenden kamen schwingenartige Flügel zur Anwendung. Aus Geldmangel mussten weitere konstruktive Tätigkeiten eingestellt werden. N. war Inhaber zahlreicher Patente (auch reichsdeutscher), gerichtlich beeideter Sachverständiger und Schätzmeister für Flugtechnik. Bei der k. u. k. Luftschifferabteilung leitete er die Flugzeugabteilung und war Referent für die österreichische Flugkarte. Er begründete zudem die Flugambulanzen in Österreich, hielt zahlreiche Vorträge über Flugtechnik und war Gründer einer Segelflugsektion, Vizepräsident und später Ehrenmitglied des Österreichischen Flugtechnischen Vereins, Mitglied des Österreichischen Motor-Yacht-Klubs usw. Während des 1. Weltkriegs kommandierte N. die Drachenphotographie-Abteilung an der russischen Front (1915–16). Diese unterstand dem militär-geographischen Institut, dem N. bereits vor dem Krieg als technischer Offizier angehört hatte. Dann wurde er technischer Leiter der Kriegsvermessung Nr. 1 an der rumänischen, 1918 der Nr. 11 an der italienischen Front. Nach dem Krieg trat er in den Ruhestand und widmete sich seinen Privatstudien, unter denen das Schwingenflugproblem einen breiten Raum einnahm. 1921 entdeckte er Manganerze und Schwefelquellen im Wienerwald und Umgebung, aus Geldmangel musste er die Freischürfe jedoch auflassen. Er wurde 1917 zum Technischen Rat ernannt und mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens dekoriert.

L.: Illustrierte Kronen-Zeitung, 2. 9. 1927; Th. Scheimpflug, in: Photographische Korrespondenz 40, 1903, S. 666; Flug- und Motortechnik 4, 1910, S. 668; HP-Fachzeitung für Automobilismus und Flugtechnik, 1910, H. 43, S. 20; H. Hoernes, Buch des Fluges 1, 1911; Tauber, in: Österreichische Flug-Zeitschrift 5, 1911, S. 84, 97; Illustrierte Zeitschrift für Automobilismus und Aviatik, (1912), S. 28 (Spezialausgabe); Th. Scheimpflug, Festschrift zum 150jährigen Bestand des staatlichen Vermessungswesens in Österreich, 1956; R. Keimel, Flugzeuge der österreichischen Firma Lohner 1909–23, 1990, S. 38; R. Keimel, in: FLUG-Informationen, 1994, F. 4, S. 9ff.; Manuskript Lebenslauf. Patent-Urkunde Nr. 52341, Wien, am 5. Jänner 1912 (Technisches Museum, Wien).
(R. Keimel)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)