Nordau Max (Simon), Mediziner, Schriftsteller, Philosoph und Politiker. * Pest, 29. 7. 1849; † Paris, 22. 1. 1923. Hieß bis 1873 Simon Maximilian Südfeld. Sohn eines rabbin. gebildeten Lehrers; stud. Med. an der Univ. Pest, 1876 Dr. med. Schon während seiner Gymnasial- und Univ. Zeit war N. Mitarbeiter kleinerer Journale und Bll., schließlich des „Pester Lloyd“. Nach einer zwei Jahre dauernden Reise durch fast ganz Europa – z. Tl. wieder als Korrespondent des „Pester Lloyd“ – wurde er 1. Feuilletonist dieser Ztg., 1876 wechselte er zum „Neuen Pester Journal“ über. Im selben Jahr zog N. vorübergehend, 1880 endgültig nach Paris, wo er als Arzt und Schriftsteller tätig war. Große Allgemeinbildung, treffsichere Sprachbeherrschung sowie der klar durchdachte Stil seiner – tw. später in Smlg. erschienenen – Feuilletons, Essays, Stud., aber auch größeren Abhh. über polit., kulturelle, philosoph. Themen ließen ihn einerseits zum gesuchten Korrespondenten führender europ. und übersee. Z. und Ztg. werden (in erster Linie „Vossische Zeitung“, „Neue Freie Presse“, „Die Welt“ und „La Nación“), anderseits zum vielgelesenen, wenn auch umstrittenen Modephilosophen. In seinem belletrist. Schaffen konnte N. – vielleicht mit Ausnahme der erzähler. Kleinform – weniger überzeugen. Ähnlich wie in der Med. beschäftigte ihn in der Kunst vorwiegend die psycholog. Komponente; dies verführte ihn häufig zu Einseitigkeiten und krassen Fehlbewertungen, bes. als er Lombrosos (s. d.) Begriff der krankhaften „Entartung“ konsequent auf die zeitgenöss. Kunst anwendete. N., dessen Phil. auf einer naturwiss. materialist. Weltansicht basierte, verstand sich im wesentlichen als ein Kritiker an den konventionellen religiösen und eth. Vorstellungen seiner Zeit. Von den 90er Jahren an trat N.s publizist. Tätigkeit immer mehr in den Dienst seiner polit. Überzeugung. Von den Ideen Herzls (s. d.) begeistert und beunruhigt durch die wachsenden antisemit. Strömungen, engagierte er sich ab 1895 immer mehr für die Idee des Zionismus und wurde zu einem der ersten und bedeutendsten Vorkämpfer dieser Bewegung. Als Gegner der jüd. Assimilation, aber auch des Kultur- und „praktischen“ Zionismus verfocht er in zahlreichen wirkungsvollen Reden und Schriften die Idee des polit. Zionismus. Bei den ersten Zionistenkongressen – bis 1911 – in führender Stellung (er war auch wesentlich an der Formulierung des „Basler Programms“ beteiligt), geriet er in der Folge in immer stärkeren polit. Gegensatz zu den meisten anderen zionist. Führern. 1914–19 lebte N. im Exil in Madrid, wo er Beitrr. für italien., argentin. und nordamerikan. Z. und Ztg. verfaßte, danach in London, ab 1920 verarmt und schwer erkrankt wieder in Paris.