Oerley, Robert (1876-1945), Architekt

Oerley Robert, Architekt. * Wien, 24. 8. 1876; † Wien, 15. 11. 1945. Bruder des Vorigen; erlernte ab 1889 das Tischlerhandwerk, wurde 1892 als Geselle freigesprochen und stud. dann an der Wr. Kunstgewerbeschule Architektur, Malerei, Graphik und Kunsthandwerk. 1898 unternahm er eine ausgedehnte Italienreise. Bis 1903 war er als Maler, dann als freischaffender Architekt, als Sachverständiger und Schätzmeister tätig. 1912 war Oe. Gründungsmitgl. des Bundes österr. Künstler, 1912/13 Präs. der Wr. Secession, ab 1913 Präs. der Ges. österr. Architekten, ab 1915 Mitgl. der Zentralvereinigung der Architekten Österr. und ab 1928 Künstlerhausmitgl., außerdem aktives Mitgl. des Österr. Werkbundes. Oe. verlegte seine Tätigkeit schon vor dem Zweiten Weltkrieg in die Türkei, wobei sein Wr. Atelier von Stumpf weitergeführt wurde. Gemäß seiner umfassenden Ausbildung war Oe. ein außerordentlich vielseitiger Künstler, der einen sehr komplexen Architekturbegriff vertrat. Aus handwerklicher Tradition und klass. Schulung entwickelte er eine nobel zurückhaltende Formensprache, die sich von kalter Monumentalität ebenso wie von allen Modeströmungen frei zu halten wußte. Insbesondere seine zahlreichen Villen in Wien zeigen eine Ausgeglichenheit zwischen prakt. Bedürfnissen und gepflegter privater Repräsentation. Sein erstes Hauptwerk war das 1907/08 errichtete Sanatorium Luithlen, das nicht nur zu den frühesten ornamentlosen Häusern im Wr. Stadtbild gehörte, sondern wahrscheinlich zum ersten Mal die Fenster von Nebenräumen, als solche erkennbar, in der Fassade zeigte. Oe. engagierte sich gleicherweise für die theoret. Probleme der Architekturentwicklung und für Standesfragen und nahm zu beiden Fragenkreisen laufend in Vorträgen und Aufsätzen Stellung.

W.: Strauß-Lanner-Denkmal, 1901–05 (Bildhauer F. Seifert), Sanatorium Luithlen, 1907/08, Auerspergstr. 9, Werkstättengebäude der Fa. Carl Zeiss, 1919, Abbeg. 1, alle Wien; zahlreiche Villen und Einfamilienhäuser. Gemeindebauten: Hanuschhof, 1924/25, Wien III; Ulmenhof, Akazienhof, 1927–1930, beide Wien XII. Publ.: Abhh. in der Z. Der Architekt, Jg. 10, 1904, Jg. 12, 1906, Jg. 14, 1908, Jg. 18, 1912, Jg. 19, 1913, Jg. 25, 1919.
L.: N. Fr. Pr. vom 18. 6. 1905, 30. 1. 1907, 8. 4. 1908 und 3. 4. 1909; Österr. Bau- und Werkkunst, H. 1, 1924/25; Thieme–Becker; Groner; Kosel; Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien Hanuschhof, 1925; O. Uhl, Moderne Architektur in Wien von O. Wagner bis heute, 1966, s. Reg.; Jugendstil-20er Jahre. Ausst.-Katalog, hrsg. von I. Asenbaum, Wien 1969.
(R. Schachel)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 33, 1977), S. 211f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>