Petőfi (Petrovich, Petrovics, Petrovitz) Sándor, Schriftsteller. * Kiskőrös, Kom. Bács-Kiskun (Ungarn), 1. 1. 1823; † Weißkirch (Fehéregyháza/Albeşti, Siebenbürgen), 31. 7. 1849 (Sterbeort und -datum umstritten). Stammte aus einer tw. slowak. Familie und wuchs in der rein magyar. Ortschaft Kiskunfélegyháza auf. Der Vater, ein Gastwirt und Fleischhauer, der 1839 verarmte, versuchte seinem Sohn an verschiedenen Schulen eine sorgfältige Erziehung angedeihen zu lassen. P. brach jedoch seine Stud. ab und trat, zumeist in großem Elend lebend, 1838–43 bei zahlreichen Schauspielertruppen auf. Er versuchte sich 1839–41 auch beim Militär, wurde aber wegen seines schlechten Gesundheitszustandes entlassen. P.s erstes Gedicht erschien im Mai 1842 in der Z. „Athenaeum“. Im November desselben Jahres gebrauchte er zum ersten Mal den Namen Petőfi anläßlich der Veröff. des Gedichtes „Hazámban“ (In meiner Heimat). 1844/45 war er Hilfsred. der Z. „Pesti Divatlap“ (Pester Modeztg.), zog jedoch ein ruheloses, ungebundenes Leben als freier Schriftsteller vor, das ihn – verbunden mit häufigem Ortswechsel – oft an den Rand des Existenzminimums brachte. Von Vörösmarty gefördert, gab er 1844 seinen ersten Gedichtbd. heraus. P.s Ruf als Dichter verbreitete sich rasch, ein großer Tl. der Kritiker lehnte jedoch das Neue in seiner Sprache ab und tadelte seine aus der Sprache des Volkes erwachsende Dichtkunst. Nach dem kom. Epos „A helység kalapácsa“ (Der Hammer des Dorfes, 1844), dem lyr. Epos „János vitéz“ (János, der Held, 1845) sowie zahlreichen Gedichten änderte er Anfang 1846 seine Ausdrucksweise: in dem Zyklus „Felhők“ (Wolken, 1846), in dem Roman „A hóhér kötele“ (Der Strick des Henkers, 1846) etc. kamen philosoph.-metaphys. Grübeleien, soziale Unzufriedenheit, revolutionäres Pathos in einem neuartigen dichter. Stil zu Worte. In diese Zeit fällt die Ausbildung seiner polit. Weltanschauung. Er trachtete durch zähes Selbststud. die abgebrochene Schulbildung zu ergänzen; bes. vertiefte er sich in die Ideengeschichte der französ. Revolution. Ab 1846 entfaltete sich seine reife polit. Dichtung. Er verkündet in dieser die Ideen einer radikalen gesellschaftlichen Umgestaltung und der Weltfreiheit und prophezeit die Revolution. Obwohl er viele Schwierigkeiten mit der Zensur hatte und keine Erlaubnis zur Hrsg. einer Z. erhielt, gelang es ihm doch, im März 1847 seine ges. Gedichte herauszubringen. Eine seiner wichtigsten Prosaschriften, „Úti levelek“ (Reisebriefe, 1847), spiegelt die Eindrücke seiner zahlreichen Reisen in Ungarn wider. Beeinflußt von den Revolutionen in Paris und Wien, stellte er sich an die Spitze der Pester Bewegung und feuerte im März mit seinem „Nemzeti dal“ (Nationallied) die Massen zum Kampf um die Freiheit an. Durch die in Gedichten, Artikeln und Reden kompromißlos propagierte radikale Weiterführung der Revolution brachte er die öff. Meinung so stark gegen sich auf, daß er im Juni, bei den Wahlen ins Abg. Haus, kein Mandat errringen konnte. Inmitten seiner polit. Mißerfolge schrieb er sein lyr. Epos „Az apostol“ (Der Apostel), in welchem er die republikan. Idee bis zur letzten Konsequenz (Umsturz des herrschenden Systems) vertrat. P. meldete sich bei der Honved und erreichte unter Bem (s. d.), dessen Adj. er war, den Rang eines Mjr. Er fiel vermutlich in einem Gefecht gegen die Russen, seine Begräbnisstätte ist ungewiß. P.s Werke, in denen neben den Epen, Briefen und der Reiseprosa bes. die Lyrik (die einerseits aus dem Volkslied, anderseits aus echtem Naturerleben erwächst) einen breiten Raum einnimmt, wurden in sehr vielen Ausgaben veröff. und in zahlreiche Sprachen übers.