Pfeiffer, Ida; geb. Reyer (1797-1858), Weltreisende

Pfeiffer Ida, geb. Reyer, Weltreisende. * Wien, 14. 10. 1797; † Wien, 27. 10. 1858. Tochter eines Großhändlers; erhielt mit ihren fünf Brüdern eine spartan. Erziehung. P.s später so ausgeprägte Härte, Entschlossenheit, Widerstandskraft und Nüchternheit, aber auch Ironie wurzeln weitgehend in ihrer Kindheit und Jugend. 1820 schloß sie eine Vernunftehe mit dem wesentlich älteren Lemberger Advokaten Dr. Mark Anton P., von dem sie sich später trennte. Ab 1835 lebte sie mit ihren beiden Söhnen dauernd in Wien. Nun konnten alte, vage Reisepläne zu konkreten Vorhaben reifen, deren Durchführung und Auswertung P. in die Reihe der bekanntesten Reisenden ihrer Epoche stellen sollten. P. unternahm 1842–58 allein und mit bescheidenen Geldmitteln fünf große Reisen: 1842 in das Hl. Land, 1845 nach Island und Skandinavien, 1846–48 ihre erste Weltreise (Rio de Janeiro, Valparaiso, Tahiti, Indien, Mesopotamien, Persien, Armenien, Georgien), 1851–55 ihre zweite Weltreise (Kapstadt, Sundainseln, Kalifornien, Peru, Ecuador, Panama, das mittlere und östliche Nordamerika), 1856–58 die bes. abenteuerliche und verhängnisvolle Reise nach Madagaskar, die durch schwere gesundheitliche Schädigung vermutlich ihren Tod verursachte. Die Bücher, die P. über diese Reisen publ., begeisterten und belehrten durch treffsichere und fesselnde Darstellung ein ungewöhnlich großes Publikum, obwohl die Reisende nur selten vollkommen unbekannte Gebiete durchzogen hatte. Trotz einer fehlenden gründlichen wiss. Vorbildung ist ihr nicht nur volksbildner., sondern auch wiss. Bedeutung (Korrekturen von Irrtümern, neue Beobachtungen länder- und völkerkundlicher Art, Anlegen von völkerkundlichen und zoolog. Smlg.) zuzubilligen. P., die bei A. v. Humboldt und K. Ritter in hohem Ansehen stand, war Ehrenmitgl. der Ges. der Erdkde. zu Berlin, der Pariser Geograph. Ges. etc. Durch ihr Werk und ihre Persönlichkeit förderte sie auch – allerdings unbeabsichtigt – den Kampf um die Gleichberechtigung der Frau. P.s Sohn Oskar (* Wien, 27. 10. 1828; † Südamerika, nach 1882), Komponist und Pianist, läßt in seinen Kompositionen den gebildeten Musiker moderner Richtung erkennen.

W.: Reise einer Wienerin in das Hl. Land . . ., 2 Tle., 1844 (auch tschech.), 3. Aufl. 1846, Neuaufl., hrsg. von L. Plakolb (= Bibl. klass. Reiseberr.), 1969; Reise nach dem skandinav. Norden und der Insel Island im Jahre 1845, 2 Bde., 1846; Eine Frauenfahrt um die Welt, 3 Bde., 1850; Meine Zweite Weltreise, 4 Tle., 1856; Reise nach Madagascar, 2 Bde., hrsg. von O. Pfeiffer, 1861, französ., 1862.
L.: F. Umlauft, Zu I. P.s 100. Geburtstage, in: Mitt. der Geograph. Ges. in Wien 40, 1897, S. 754 ff.; M. Kratochwill, Die Weltreisende I. P., in: Jb. des Ver. für Geschichte der Stadt Wien 13, 1957/58, S. 91 ff.; ADB; Giebisch–Gugitz; Kosch; Österr. Naturforscher, S. 17 ff.; Wurzbach; O. Pfeiffer, Biographie . . ., in: I. P., Reise nach Madagascar, Bd. 1, 1861, S. V ff., Bd. 2, 1861, S. 188 ff.; F. F. Lebzelter, Die österr. Weltreisende I. P. 1797–1858, 1910; H. Stökl, Die Weltfahrten der österr. Reisenden I. P., 1922; Von Prinz Eugen bis K. Renner, hrsg. von V. Buchgraber, 1961, S. 117 ff.; Große Frauen der Weltgeschichte, o. J. Oskar P.: Allg. Wr. Musikztg. 4, 1844, n. 138; Reissmann; Wurzbach; O. Paul, Handlex. der Tonkunst, 1873; J. Schuberths Musikal. Conversations-Lex., 10. Aufl. 1881; F. Bremer, Handlex. der Musik, 1882; Mitt. Ch. Harten, Wien.
(M. Kratochwill)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 36, 1979), S. 31f.
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