Politzer Adam, Otologe. * Alberti, Kom. Pest (Albertirsa, Ungarn), 1. 9. 1835; † Wien, 10. 8. 1920. Stud. ab 1854 an den Univ. Pest (Budapest) und Wien Med. (1859 Dr. med., 1860 Dr. chir. und Mag. der Geburtshilfe); seine klin. Ausbildung erhielt er in Wien unter Rokitansky, Skoda, J. v. Oppolzer (s. d.) und Arlt (s. d.), in Ohrenheilkde. bei Toynbee in London. 1861 lernte er bei Tröltsch in Würzburg die Technik des makro- und mikroskop. Arbeitens am Gehörorgan. 1861 erfolgte P.s Habil. für Ohrenheilkde. an der Univ. Wien, 1863 wurde er zum Armen-Ohrenarzt der Stadt Wien ernannt, 1871 ao. Prof. Ab 1873 leitete er gem. mit J. Gruber (s. d.) die mit bescheidenen Mitteln neu gegründete Univ. Ohrenklinik in Wien, die erste der Welt. 1894 o. Prof., 1897, nach dem Rücktritt Grubers, Vorstand der I. Univ. Ohrenklinik, 1902 HR, 1907 i. R. Mit P.s Tätigkeit begann in Österr. die wiss. Ohrenheilkde. 1861 veröff. er seine ersten Arbeiten über die Innervationsverhältnisse der Binnenmuskeln des Ohres, 1863 sein Verfahren der Lufteinblasung ins Mittelohr zur Behandlung der Schwerhörigkeit, das sich als P.-Verfahren in der ganzen Welt bewährt. 1864 gründete er gem. mit Tröltsch und Schwartze das „Archiv für Ohrenheilkunde“, das erste dt.sprachige Fachorgan auf diesem Gebiet. Dank seiner hervorragenden pädagog. Fähigkeiten übte P. eine ausgedehnte Lehrtätigkeit aus, die er durch Hrsg. seiner Beleuchtungsbilder des Trommelfells und seines Lehrbuches der Ohrenheilkde. unterstützte. 1893 konnte P. in Washington umschriebene Veränderungen der Labyrinthkapsel des Ohres demonstrieren und so erstmalig die Ursache einer typ. Form der Mittelohrschwerhörigkeit, der Otosklerose, nachweisen. Seine insgesamt 103 wiss. Arbeiten befassen sich mit allen Teilgebieten des Faches. Während seiner 46jährigen Lehrtätigkeit machte P. die bis dahin kaum beachtete Ohrenheilkde. zu einem akadem. anerkannten Fach. Bei seinem Übertritt in den Ruhestand unterschrieben 366 Otologen aus 21 Staaten die Abschiedsadresse.