Psenner Ludwig, Politiker und Fachschriftsteller. * Bozen (Südtirol), 28. 5. 1834; † Wien, 5. 2. 1917. Enkel des Malers Anton P. (s. d.); stud. an den Univ. München und Innsbruck Jus (1861 Dr. jur. sub auspiciis imperatoris) und war 1858–64 Beamter in der niederösterr. Statthalterei. Ab 1862 führte er daneben ein Photoatelier in Wien. Ab 1882 hatte er Kontakt zum Reformver., einer antiliberalen und stark antisemit. Organisation des gewerblichen Mittelstandes. 1884 übernahm er als Eigentümer, Hrsg. und Red. dessen Wochenztg. „Oesterreichischer Volksfreund“, welche bis zur Gründung der „Reichspost“ das einzige christlichsoziale Sprachrohr blieb. Ab 1884 hatte er auch Beziehungen zum Vogelsangkr. Nach dem Scheitern des Reformver. wegen Uneinigkeit der Dt.Nationalen gründete P. 1887 den Christlichsocialen Ver. und wurde dessen Präs. Der neue Ver., der auf dem Boden der kath. Kirche stand, bildete vorübergehend die gem. Plattform aller antiliberalen Kräfte (Demokraten, Dt.Nationale, Antisemiten, Christlichsoziale) in Wien. 1897–1910 führte P. den Franziskanerkeller in Wien I. Ab 1910 erhielt er eine Ehrenpension der Gemeinde Wien. P., der Lueger (s. d.) an die christlichsoziale Bewegung band, trat als Publizist, Agitator, Redner und Ideologe auf. Er kandidierte mehrmals erfolglos für Gemeinde- und Reichsrat und initiierte 1892/93 christlichsoziale Versmlg. in Salzburg, Tirol und OÖ. 1896 verfaßte P. das christlichsoziale Programm, das erste von der Parteileitung empfohlene Programm nach dem Wahlsieg in Wien. Wegen eines Augenleidens zog er sich allmählich von der Tagespolitik zurück und befaßte sich vor allem mit dem Abfassen sozialpolit. Arbeiten. P., der immer wieder versuchte, die Ideen der christlichsozialen Reform zu erhalten, wurde 1913 Obmann von Orels Karl v. Vogelsang-Bund.