Rast, August (1846-1922), Fabrikant

Rast August, Fabrikant. * Wien, 2. 12. 1846; † Wien, 23. 6. 1922. Entstammte ärmlichen Verhältnissen; erlernte das Schlosserhandwerk (1863 freigesprochen) und arbeitete zuletzt bei dem in Amerika ausgebildeten L. Bollmann, dem ersten Nähmaschinenfabrikanten in Wien, der in den 60er Jahren Nähmaschinen nach dem System Grover & Baker erzeugte. 1868 machte sich R. selbständig und begann in der elterlichen Wohnung nach demselben System ebenfalls Nähmaschinen herzustellen. 1877 wurde M. Gasser, der Bruder der Waffenfabrikanten L. († 1871) und J. Gasser (s. d.), von denen der Armeerevolver Modell 1870 stammt, sein Kompagnon. Die Fa. übersiedelte nach Wien-Fünfhaus in die ehemalige Nähmaschinenfabrik V. Reichelr & Co. und nahm auch die Erzeugung von Langschiff- und Rundschiffmaschinen nach dem Singersystem auf. 1884 wurde die Fa. R. & Gasser als Ges. protokolliert. 1887 konnte eine moderne, an den neuzeitlichen Grundsätzen des Austauschbaues orientierte Fabrik in Wien-Hernals errichtet werden, welche um 1890 ca. 400 Arbeiter beschäftigte. Ab 1898 wurde hier auch die Zentral-Bobbin-Nähmaschine hergestellt. Diese damals größte Nähmaschinenfabrik der Österr.-ung. Monarchie wurde dann zu einer Waffenfabrik erweitert, welche u. a. auch die Balkanländer mit Faustfeuerwaffen versorgte. Den achtschüssigen Revolver Patent R. & Gasser mit dem Kaliber 8 mm führte die k. u. k. Armee als Modell 1898 ein. Er war sorgfältig konstruiert und besaß eine große Schußgenauigkeit. 1898 lieferte die Fa. bereits 20 000 Stück, 1908 exportierte sie 3000 Revolver. 1903 erfolgte der Kauf der Waffenfabrik L. Gasser. 1908 wurden 30 000 Nähmaschinen produziert und ca. 10 000 davon exportiert. Nach R.s Tod führten seine Söhne, August (* 1885) und Josef R. (* 1892), die Fa. weiter. Mit Lueger (s. d.) befreundet und vielfach geehrt und ausgezeichnet, war R. u. a. Präs. des Verbandes österr. Nähmaschinenhändler und Mechaniker und Mitbesitzer des Pfann’schen Bades in Wien-Meidling. Er erwarb sich große Verdienste um die österr. Nähmaschinenbranche.

L.: Oesterr. Nähmaschinen-Ztg. vom 30. 6. 1922; Festschrift anläßlich des 25jährigen Bestandes des Verbandes der österr. Nähmaschinen- und Fahrradhändler und Mechaniker. Sonderausg. der österr. Nähmaschinenztg., November 1928; K. Hilscher, Das „Pfann’sche Mineralbad“ in Wien XII., in: Monatsbl. des Ver. für Geschichte der Stadt Wien 13, 1931, S. 173, 178; Großind. Österr. 3, S. 145 f.; Festschrift der Österr. Nähmaschinen und k. u. k. Armee-Waffenfabrik R. & Gasser . . ., 1908; H. Riehl, Hernals bei der Arbeit, in: Hernals. Ein Heimatbuch für den 17. Wr. Gemeindebez., 1924, S. 298f.; R. & Gasser, Österr. Nähmaschinenfabrik Wien, 1931; Zeiten und Menschen von Hernals, 1958, S. 121; J. Lugs, Handfeuerwaffen, 1968, S. 286; Ch. Klusacek–K. Stimmer, Meidling . . ., 1976, S. 126; Mitt. W. Hummelberger und J. Mentschl, beide Wien.
(H. Janetschek)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 40, 1983), S. 427f.
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