Rechberg und Rothenlöwen Johann Bernhard Graf von, Diplomat und Politiker. * Regensburg, Bayern (BRD), 17. 7. 1806; † Schwechat (NÖ), 26. 2. 1899. Aus alter schwäb. Familie; trat in österr. Dienste und war ab 1829 unbesoldeter Gesandtschaftsattaché in Berlin, 1830 unbesoldeter Legationssekretär an der Botschaft in London, 1833 Geschäftsträger in Darmstadt, 1837–1839 in Brüssel, ab 1841 Legationsrat bei der Gesandtschaft in Stockholm, ab 1843 ao. Gesandter und bevollmächtigter Minister in Rio de Janeiro. 1847 kehrte R. nach Europa zurück, 1848 begleitete er Metternich (s. d.) auf dessen Flucht bis nach Den Haag und stand weiterhin in ständigem Kontakt mit dem Fürsten, dessen Ideen auch für seine weitere Laufbahn bestimmend blieben. 1849 wurde R. zum Bevollmächtigten der für Deutschland bestehenden provisor. Staatsgewalt in Frankfurt a. M. ernannt. 1850 Bundeszivilkoär. für Kurhessen. 1851 wurde er Internuntius in Konstantinopel, trat diesen Posten jedoch nicht an. 1853 Ziviladlatus Radetzkys (s. d.) und Chef der Zivilabt. des lombardovenetian. Gen.Gouvernements. 1855 Bundespräsidialgesandter in Frankfurt, unterzog er sich erfolgreich der Aufgabe, die dt. Mittelstaaten, die sich im Krimkrieg Preußen angeschlossen hatten, wieder auf die Seite Österr. zu ziehen. 1859 Minister des k. Hauses und des Äußern sowie Vorsitzender der Ministerkonferenz. 1859 Ministerpräs. R. vertrat die Auffassung, eine aktive Außenpolitik sei erst nach Konsolidierung der inneren Verhältnisse möglich. Nach dem Scheitern der durch das Oktoberdiplom verheißenen Reformen wurde 1860 Schmerling zum Staatsminister ernannt, 1861 Erzh. Rainer (s. d.) mit der Leitung der Geschäfte und mit dem Präsidium des Ministerrates betraut. Die tiefgreifenden Gegensätze zwischen R. und Schmerling traten bald mit aller Deutlichkeit hervor. R., der die Zusammenarbeit mit Berlin suchen wollte, erfuhr erst im Stadium der Planung von der Einberufung des Frankfurter Fürstentages. Auch in der Schleswigholstein. Frage konnte er sich Bismarck gegenüber nicht durchsetzen. Anläßlich der Verhh. zur Erneuerung des Handelsvertrageszwischen Österr. und dem Zollver. gelang es Schmerling, die Mehrheit des Ministerrates für den Abbruch der Verhh. zu gewinnen. Daraufhin trat R. 1864 zurück. Er wurde auch als Nachfolger Andrássys d. Ä. (s. d.) bzw. H. Frh. v. Haymerles (s. d.) in Erwägung gezogen, lehnte eine Berufung jedoch ab. R. erkannte wohl die der Monarchie auf außenpolit. Gebiet drohenden Gefahren, besaß jedoch nicht die Energie, seine Vorstellungen gegen die Opposition seiner Ministerkollegen und gegen Bismarcks Zielstrebigkeit durchzusetzen. R. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Großkreuz des St. Stephan-Ordens, Geh. Rat, lebenslängliches Mitgl. des Herrenhauses (1861), Inhaber des Ordens vom Goldenen Vlies (1864).