Redlich Oswald, Historiker. * Innsbruck, 17. 9. 1858; † Wien, 20. 1. 1944. Aus einer aus Bayreuth stammenden, ursprünglich protestant. Familie, Sohn eines akadem. Malers; stud. 1876–79 an der Univ. Innsbruck, wo er mit J. v. Ficker (s. d.) in Verbindung trat, 1879–81 an der Univ. Wien Geschichte, 1881 Dr. phil. 1879–81 Mitgl. des Inst. für österr. Geschichtsforschung, wurde er von Sickel, E. Mühlbacher (s. d.) und Zeißberg beeinflußt. 1882–1893 als Beamter am Innsbrucker Statthaltereiarchiv tätig, bewahrte er zum Archivwesen zeitlebens ein enges Verhältnis, das sich auch in seiner Vorlesungstätigkeit auswirkte. 1895 Mitgl. des Archivrates, der die Aufgabe hatte, die Regierung in allen die Archive der Zentralbehörden betreffenden Fragen zu beraten. 1918–24 hatte er die Funktion des Archivbevollmächtigtender Republik Österr. und vorübergehend auch die Leitung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs. 1887 Priv.Doz. für hist. Hilfswiss., 1890 auch für österr. Geschichte, an der Univ. Innsbruck, 1893 ao. Prof. der hist. Hilfswiss. und Geschichte des Mittelalters, 1897 o. Prof. der Geschichte und hist. Hilfswiss. an der Univ. Wien. 1908/09 Dekan, 1911/12 Rektor, 1926–29 Vorstand des Inst. für österr. Geschichtsforschung. 1899 korr., 1900 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, an deren Arbeiten er stets den lebhaftesten Anteil nahm, u. a. als Obmann der Hist. Komm. und als Delegierter der Akad. in der Zentraldion. der Monumenta Germaniae historica. 1915 Vizepräs., 1919–38 Präs. der Akad., die er entscheidend prägte. R.s Bedeutung lag zunächst auf dem Gebiete der Diplomatik und der Quellenkde., später immer mehr auf dem der Historiographie. Wohlfundiertheit und Klarheit seiner Arbeiten sind unübertroffen. Man darf ihn als einen der Begründer der Lehre von den Privaturkunden bezeichnen; sein Hdb. für dieses Teilgebiet der Diplomatik ist bis heute grundlegend. Seine Regesten Rudolfs I. sind beispielgebend für die Anwendung dieser Arbeitstechnik auf das spätere Mittelalter. Aus ihnen ist die große Monographie über Rudolf unmittelbar hervorgegangen; sie zählt zu den Meisterwerken dt. Geschichtsschreibung in der Periode der Hochblüte der Quellenforschung. Die Glanzzeit der österr. Geschichte (1658–1740) fand in R. einen bedeutenden Darsteller; seine Meisterschaft erwies sich in der großen geschichtlichen Synthese ebenso wie vorher in der Kleinarbeit hist. Kritik. Er kann als einer der eigentlichen Begründer der Regesta Habsburgica gelten, jenes grundlegenden Quellenwerkes zur österr. Geschichte des Spätmittelalters, das nach seiner Auffassung den Zielsetzungen des Inst. für österr. Geschichtsforschung deshalb ganz bes. entspräche, weil es die Methoden der hist. Hilfswiss. auf ein wichtiges Kapitel der Geschichte Österr. anwendet. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Mitgl. der Akad. der Wiss. zu Berlin, Budapest, Göttingen und München, Dr. h. c. der Univ. Graz, Innsbruck und München, Ehrenmitgl. der Monumenta Germaniae historica.