Reisch, Richard (1866-1938), Nationalökonom

Reisch Richard, Nationalökonom. * Wien, 7. 4. 1866; † Wien, 14. 12. 1938. Bruder des klass. Philologen und Archäologen Emil R. (s. d.); stud. an den Univ. Innsbruck (1884–87, 1889 Dr.jur.) und Wien (1887/88) Jus und war danach bei der Finanzprokuratur in Innsbruck, ab 1891 im Finanzmin. in Wien tätig, 1910 Sektionschef. Nach seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst Dir. der Allg. österr. Boden-Kreditanstalt, 1919/20 Staatssekretär im Staatsamt für Finanzen (Finanzminister), 1921 Vizepräs, der Allg. österr. Boden-Kreditanstalt, 1922–32 Präs. der Oesterr. Nationalbank. Die Sanierung Österr., das Ringen um den Staatsvertrag und die Stabilisierung der österr. Schillingwährung waren in der schwersten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg Aufgaben von außerordentlichen Ausmaßen. R. verlangte 1922 zur Entlastung des Budgets die Einstellung der Lebensmittelzuschüsse und forderte die Aufhebung des Mietenschutzes, da dieser die Lohn- und Preisverhältnisse in unnatürlicher Weise verzerre. 1906 Priv.Doz. an der Univ. Wien für österr. Finanzrecht, 1914 Tit. o. Prof. für österr. Finanzrecht, 1928 Tit. o. Prof. für österr. Finanzrecht und polit. Ökonomie. Neben seinem umfangreichen wirtschafts- und finanzpolit. Wirken entfaltete R., der vor allem auch um den Ausbau und die Verbreitung eines betriebswirtschaftlich fundierten Rechnungswesens bemüht war, eine bedeutende Vortrags- und Publ.Tätigkeit, bes. im Rahmen der „Zeitschrift für Nationalökonomie“. Das auch international anerkannte Standardwerk „Bilanz und Steuer. . .“, gem. mit J. C. Kreibig (s. d.), trug viel dazu bei, die Grundlagen für die Entwicklung einer modernen betriebswirtschaftlichen Steuerlehre zu schaffen.

W.: Die directen Personalsteuern in Oesterr., 1898; Bilanz und Steuer . . ., gem. mit J.C. Kreibig, 2 Bde., 1900, 5. Aufl., neubearb. von H. Krasensky und R. Stemberger, 3 Bde., 1949–59; Die wirtschaftliche Bedeutung des Verrechnungswesens speziell bei Staatsbetrieben, 1912; Die finanziellen Probleme, in: Flugschriften zum Neuaufbau Dt.Österr. 2 (= NF der Flugschriften für Österr.-Ungarns Erwachen 38), 1919; Stellung und Aufgaben der österr. Nationalbank innerhalb des Wiederaufbauprogrammes, 1923; Exportförderung durch aktive Währungspolitik, 1935; Das Problem des zwischenstaatlichen Zahlungsverkehres . . ., 1937; etc. Mithrsg.: Z. für Volkswirtschaft und Sozialpolitik, NF 1 ff., 1921 ff.; Die Wirtschaftstheorie der Gegenwart, gem. mit H. Mayer und F. A. Fetter, 4 Bde., 1927–28; Z. für Nationalökonomie 1 ff., 1929 ff.; etc.
L.: Jb. der Wr. Ges., 1929; Kürschner, Gel.Kal., 1925–35; Ein Jh. Creditanstalt-Bankver., 1957, s. Reg.; S. Pressburger, Oesterr. Notenbank 1816–1966, 1966, s. Reg.; G. Mecenseffy, Evang. Lehrer an der Univ. Wien, 1967, S. 75 f.; K. Ausch, Als die Banken fielen. Zur Soziol, der polit. Korruption, 1968, s. Reg.; E. März, Österr. Bankpolitik in der Zeit der großen Wende 1913–23, 1981, s. Reg.; U A Wien.
(H. Krasensky)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 41, 1984), S. 55f.
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