Reithmann, Christian (1818-1909), Erfinder und Uhrmacher

Reithmann Christian, Erfinder und Uhrmacher. * St. Jakob i. Haus (Tirol), 9. 2. 1818; † München (BRD), 2. 7. 1909. Bauernsohn; erlernte das Buchbinder-, Tischler- und Uhrmacherhandwerk; machte sich 1848 in München als Uhrmacher selbständig. Auf der Suche nach einem geeigneten Antrieb für seine Werkzeugmaschinen machte er Versuche mit Verbrennungsmotoren, zunächst 1852 mit einem Wasserstoffgasmotor, den er 1858 auf Leuchtgas umbaute. 1867 entstand sein Flugkolbenmotor, der durch mehrere Verbesserungen schließlich in einen Viertaktmotor umgewandelt wurde. Die Vorzüge des Viertaktmotors waren so umfassend, daß verschiedene einschlägige Unternehmen das von Otto 1877 angemeldete Patent zu Fall bringen wollten, um selbst Viertaktmotoren bauen zu können. Sie bedienten sich dabei des R.Motors, wobei das Gericht 1884 die Priorität R.s feststellte. Die Gasmotorenfabrik Deutz AG, die den Ottomotor erzeugte, schloß daraufhin mit R. einen Vertrag, in dem sich dieser verpflichtete, alle Rechte, die ihm für den Fall des Prozeßgewinnes auch in höherer Instanz zufallen würden, an sie abzutreten. Als Gegenleistung sollte er, unabhängig vom Ausgang des Prozesses, 25 000 Mark und einen Ottogasmotor erhalten. 1885 wurde bei der Berufungsverhandlung in München die Priorität Ottos anerkannt und R. zur Unterlassung des Baues von Viertaktmotoren verurteilt. R., der neben seinen Motorkonstruktionen auch auf anderen Gebieten, vor allem in der Uhrenherstellung, Erfindungen machte, zählt zu den Pionieren des Verbrennungsmotors.

L.: Neues Wr. Tagbl. vom 24. 12. 1933; R. Granichstaedten-Czerva, Der Erfinder des Viertaktmotors – ein Tiroler!, in: Allg. Automobil-Ztg. 35, 1934, n. 3, S. 1 ff.; H. Seper, Ch. R. und sein Viertaktmotor, in: Bll. für Technikgeschichte 21, 1959, S. 15 ff.; G. Goldbeck, Zur Geschichte der Erfindungen Ch. R.s, ebenda, 22, 1960, S. 234 f.; Kosch, Kath. Deutschland; H. Güldner, Das Entwerfen und Berechnen der Verbrennungsmotoren, 1903, S. 39 ff; Männer der Technik, hrsg. von C. Matschoß, 1925; A. Langen, Die Erfindung des Verbrennungsmotors, 1936; M. Habacher, Österr. Erfinder– Werk und Schicksal ( = Österr.-R. 226/228), 1964, S. 46 ff.; G. Goldbeck, Gebändigte Kraft. Die Geschichte der Erfindung des Otto-Motors, (1965), s. Reg.; ders., Ch. R. – Uhrmacher und Motorenerfinder 1818–1909 ( = Technikgeschichte in Einzeldarstellungen 1), 1967; E. Attlmayr, Tiroler Pioniere der Technik, 1968 (mit Literaturverzeichnis); G. Pfaundler, Tirol Lex., 1983.
(H. Seper)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 41, 1984), S. 67f.
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