Rettich Julie, geb. Gley, Schauspielerin. * Hamburg (BRD), 17. 4. 1809; † Wien, 11. 4. 1866. Tochter des Schauspielers J. F. Gley und der Opernsängerin Christine, geb. Gollmann; 1829 mit dem Schriftsteller W. Alexis verlobt, ab 1833 mit dem Schauspieler und Regisseur Karl R. (* Wien, 3. 2. 1805; † Wien, 18. 11. 1878) verheiratet; ergriff gegen den Widerstand der Eltern die Theaterlaufbahn und wurde von Tieck als großes Talent erkannt und gefördert. 1825 debut. sie am Dresdner Hoftheater, 1827 war sie bereits weit über Dresden hinaus bekannt (Gastspielreisen nach Prag und Hamburg). Durch Vermittlung C. L. Costenobles (s. d.) wurde R. 1828 zu einem Gastspiel am Hofburgtheater eingeladen, wo sie als Kathinka in Kratters (s. d.) „Mädchen von Marienburg“ gastierte. Der künstler. Durchbruch gelang ihr nach ihrer Rückkehr nach Dresden 1829 als Gretchen in Goethes „Faust“. Nach Gastspielen in Berlin und Wien war sie 1830–33 am Burgtheater engagiert. 1835 wurde sie – gem. mit ihrem Mann – als Nachfolgerin S. Schröders ans Burgtheater zurückgeholt. Grillparzer (s. d.), Stifter, Immermann, Ludwig, Bauernfeld (s. d.) und Hebbel (s. d.) bewunderten ihre Vielseitigkeit als große Tragödin und Charakterdarstellerin. Durch ihren Erfolg in der Titelrolle von „Griseldis“ machte sie Halm (s. E. F. J. Münch v. Bellinghausen) zum gefeierten Dichter, der für sie weitere Rollen schuf: Parthenia („Der Sohn der Wildnis“) und Thusnelda („Der Fechter von Ravenna“). Durch ihre Freundschaft mit Erzhgn. Sophie beeinflußte sie oft das Burgtheatergeschehen: Holbein und H. Laube (beide s. d.) wurden z. Tl. auf ihr Betreiben ihrer Ämter enthoben. R., die auch viele Gastspielreisen unternahm, gilt neben der Schröder und der Wolter (s. O’Sullivan de Grass) als die dritte große Burgschauspielerin des 19. Jh. Ihr Haus war ein gesellschaftlicher Mittelpunkt des Wr. Geistesund Kulturlebens. Gem. mit I. Laube und A. Anschütz (beide s. d.) war sie auch an der Gründung des Ver. für Arbeitsschulen beteiligt.