Reuss August Emanuel von, Paläontologe, Geologe und Mineraloge. * Bilin (Bílina, Böhmen), 8. 7. 1811; † Wien, 26. 11. 1873. Sohn des Brunnenarztes Franz A. R. (1761–1830), der als der älteste böhm. Geognost gilt, Vater des Folgenden; absolv. an der Univ. Prag 1825–27 die philosoph. Jgg., 1827–33 das Stud. der Med. (1833 Dr. med.) und war vorübergehend als Ass. an der Prager Augenklinik, anschließend als Arzt in Bilin tätig. Daneben begann er sich mit Geol. und Paläontol. zu beschäftigen und trat mit den sächs. Geognosten Naumann, Cotta und Geinitz, die ihre Untersuchungen in der sächs. Kreide auf dieselben Ablagerungen in Böhmen ausgedehnt hatten, in Verbindung. Mit der Veröff. einer umfangreichen Stud. über die geolog. Verhältnisse der Umgebung von Teplitz (Teplice) und Bilin wandte sich R. nun den Arbeitsgebieten zu, die für sein weiteres Leben entscheidend wurden. 1849 o. Prof. der Mineral. an der Univ. Prag, 1859/60 Rektor, 1863–73 o. Prof. der Mineral. an der Univ. Wien. R., ein Geognost im alten Sinne, der noch das gesamte damals bekannte Gebiet der Erdwiss. beherrschte, war vor allem Paläontologe. Ausgehend von der böhm. Kreide behandelte er in seinen paläontolog. Arbeiten fast ausschließlich fossile Evertebraten. U. a. vollendete er nach Hoernes’ (s. d.) plötzlichem Tod dessen Werk „Die fossilen Mollusken des Tertiaer-Beckens von Wien“ (1870). Fossile Foraminiferen, Anthozoen, Ostracoden und Bryozoen waren bes. bevorzugte Arbeitsgebiete von R. Seine mikropaläontolog. Schriften (Foraminiferen, Ostracoden) sind von bleibendem Wert und werden auch noch von der modernen angewandten Mikropaläontol., die in R. einen Begründer ihrer Arbeitsrichtung sieht, benützt und geschätzt. R. wurde vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1848 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien und Ehrenbürger von Bilin, 1865 Ehrenmitgl. der Philosoph. Fak. der Univ. Wien, 1866 Dr. h. c. der Univ. Wien, 1870 nob.