Richter Hans, Dirigent. * Raab (Győr, Ungarn), 4. 4. 1843; † Bayreuth, Bayern (BRD), 5. 12. 1916. Sohn des Kapellmeisters an der Domkirche zu Raab, Anton R. ( * Probstdorf, NÖ, 18. 1. 1802; † Raab, 2. 1. 1854), der sich als Erneuerer des Musiklebens in Raab, aber auch als Komponist einen Namen machte; erhielt ab dem vierten Lebensjahr Klavierunterricht und war ab 1853 Chorknabe der Wr. Hofmusikkapelle. 1860–65 stud. er am Konservatorium der Ges. der Musikfreunde Violine bei Heissler, Horn bei Kleinecke sowie Theorie bei Sechter. 1862–66 als Hornist am Kärntnertortheater tätig, stellte er über Vermittlung des dortigen Dirigenten Esser (s. d.) 1866/67 in Triebschen (Schweiz) für Wagner die Druckvorlage der „Meistersinger “- Partitur her. 1867 auf Empfehlung Wagners Chordir. und Korrepetitor an der Münchner Hofoper, 1868/69 Kapellmeister unter Bülow. 1870/71 neuerlich in Triebschen als Ass. Wagners bei der Vollendung der Partitur des „Ring des Nibelungen“. 1871–75 Kapellmeister am Nationaltheater in Budapest, wurde er 1875 nach einem triumphalen Konzertdebut in Wien als Nachfolger Dessoffs (s. d.) an die Hofoper berufen, 1878 2., 1893–1900 1. Hofkapellmeister; 1875–98 auch Dirigent der Philharmon. Konzerte, 1880–90 Konzertdir. der Ges. der Musikfreunde. R. war ab 1876 – Dirigent der Urauff. des „Ring des Nibelungen“ – bis 1912 einer der Hauptdirigenten der Bayreuther Festspiele. Er unternahm zahlreiche Gastspielreisen und wirkte bes. in England als Wegbereiter der Werke Wagners: 1877 dirigierte er alternierend mit dem Komponisten die Wagnerkonzerte in London, 1903–10 zahlreiche Auff. von Wagneropern in engl. Sprache am Covent Garden Opera House. 1879–97 leitete er in London einen später Richter Concerts genannten Konzertzyklus, 1885– 1909 Musikdir. des Birmingham Music Festival. 1897–1911 lebte er als Dirigent des Hallé Orchestra in Manchester; 1904–11 auch Dirigent des London Symphony Orchestra. R.s Hauptinteresse galt dem Schaffen Wagners, das er in exemplar. Auff. propagierte. Zu seinem bevorzugten Repertoire zählten auch die Werke Beethovens (s. d.) sowie die Symphonien von Brahms (s. d.) – Wr. Erstauff. der 2., 3. und 4. Symphonie – und Bruckner (s. d.) – Wr. Erstauff. der 1., 3., 4. und 8. Symphonie –, aber auch von A. Dvořák (s. d.) und Elgar. R., Träger zahlreicher Auszeichnungen (u. a. 1895 Dr. h. c. der Univ. Oxford, 1915 der Dt. Univ. Prag), war einer der ersteninternational bedeutenden Dirigenten seiner Zeit, der durch gründliche Beherrschung der Partitur, aber auch fast aller Orchesterinstrumente zu objektiven und profilierten Interpretationen gelangte.