Roesner, Karl (1804-1869), Architekt

Roesner Karl, Architekt. * Wien, 19. 6. 1804; † Steyr (OÖ), 13. 7. 1869. Sohn des Schauspielers und Sängers Anton R. (1771–1841), der 1823–31 als Prof. für Gesang am Konservatorium der Ges. der Musikfreunde in Wien wirkte; stud. 1818–24 an der Wr. Akad. der bildenden Künste bei Nobile (s. d.); 1826–30, 1833–35 Korrektor an der Architekturschule der Akad. Nach einer klassizist. orientierten Ausbildung schloß er sich in Rom (Stipendium 1830–1833) an die Romantiker Overbeck, Steinle und L. Kupelwieser (s. d.) an. In Wien kam er in den Kreis um K. M. Hofbauer (s. d.) und beschäftigte sich vor allem mit kirchlicher Baukunst. R. entwarf Kirche und Kloster der Redemptoristinnen in Wien III. (heute Erlöserkirche), 1834–36, und konnte dabei seine Italieneindrücke mit der klassizist. Tradition zu einer eigenständigen Lösung verschmelzen. In der Folge bemühte er sich, alle figürlichen und dekorativen Künste in seinen Bauten einzusetzen. 1835–65 wirkte R. als Prof. der Architektur an der Wr. Akad. der bildenden Künste, 1843 war er mit Sprenger und Nobile in einem Begutachtungskomitee für den von L. Förster (s. d.) ausgearbeiteten neuen Lehrplan der Architekturkl., 1848–1850 provisor. Präses der Akad., 1850–52 Vorsitzender der Akad. Leitung. R. war Mitgl. des Niederösterr. Gewerbever., des Österr. Ing.- und Architektenver. und der Wr. Baukomm. 1850 wurde er zur Erstellung eines Stadterweiterungsplanes aufgefordert. R., im Geschehen um die Ringstraßenverbauung beratend tätig (1868 z. B. im Schiedsgericht zur Beurteilung der Mus.-Projekte), war Försters Hauptmitarbeiter und stellvertretender Red. von dessen „Allgemeiner Bauzeitung“. Die wichtigste Rolle spielte er beim Wr. Sakralbau. Die Verschmelzung seiner drei Entwürfe im roman., got. und Renaissancestil für die St. Johannes Nepomuk-Kirche in Wien II. wurde von der zeitgenöss. Kritik als Überwindung eines sich überlebenden Stils gelobt. Bei den immer wieder notwendigen Erneuerungsarbeiten am Wr. Stephansdom wurde er als techn. Autorität herangezogen. R. kann als der Wegbereiter des romant. Historismus in Wien bezeichnet werden. Er propagierte – mit Impulsen aus seinem Freundeskreis romant. Maler und Bildhauer – das Zusammenspiel aller Kunstgattungen unter der Dominanz der Architektur und fand einen Neubeginn der Sakralarchitektur, der auf das programmat. konzipierte Gesamtkunstwerk des späteren Historismus hindeutet.

W.: Hochaltar der Dominikanerkirche, 1840 (Wien I.); St. Johannes Nepomuk-Kirche, 1841–46 (Wien II.); St. Johannes Nepomuk-Kirche, 1842–45 (Wien XII.); Altar für die Kapelle der Confraternität (Wien VIII.); etc.
L.: Österr. Z. für Kunst und Denkmalpflege 39, 1985, H. 3/4, S. 99 ff.; Bénézit; Kosch, Kath. Deutschland; Nagler; Seubert; Thieme-Becker; Wurzbach; Die Roesnerkinder, hrsg. von W. Pauker, 1915, s. Reg.; A. Strobl, Das k. k. Waffenmus. im Arsenal ( = Schriften des Heeresgeschichtlichen Mus. in Wien 1), 1961, S. 13, 31 f., 36; W. Wagner, Die Geschichte der Akad. der bildenden Künste in Wien ( = Veröff. der Akad. der bildenden Künste in Wien, NF 1), 1967, s. Reg.; R. Feuchtmüller, L. Kupelwieser und die Kunst der österr. Spätromantik, 1970, s. Reg.; H.-Ch. Hoffmann – W. Krause – W. Kitlitschka, Das Wr.Opernhaus ( = Die Wr. Ringstr. 8/1), 1972, s. Reg.; H. Fuchs, Die österr. Maler des 19. Jh. 3, 1973; R. Wagner-Rieger, Vom Klassizismus bis zur Secession, in: Geschichte der Stadt Wien, NR 7, 3, 1973, s. Reg.; E. Springer, Geschichte und Kulturleben der Wr. Ringstr. ( = Die Wr. Ringstr. 2), 1979, s. Reg.
(R. Goebl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 43, 1986), S. 205f.
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