Roller Alfred, Bühnenbildner, Maler, Graphiker und Kunstpädagoge. * Brünn (Brno), 2. 10. 1864; † Wien, 21. 6. 1935. Sohn des Gymnasialprof., Zeichners und Malers JosefR. (1833–93); stud. 1883/84 Jus, daneben Kunstgeschichte an der Univ. Wien, 1884–93 an der Wr. Akad. der bildenden Künste vor allem bei Peithner v. Lichtenfels und Griepenkerl (beide s. d.). Als Mitbegründer der Vereinigung bildender Künstler Wr. Secession (1897–1905 Mitgl., 1902 Präs.) war R. maßgeblich an Planung und Ausführung bedeutender Ausst. (9. und 14.) beteiligt; als einer der verantwortlichen Red. der Z. „Ver Sacrum“ trug er wesentlich zur Programmatik dieser international beachteten Z. und zum Kunstwerkcharakter jedes Heftes bei. Seine Plakatentwürfe weisen ihn als einen der frühen Meister der „Galerie der Straße“ aus. Ab 1900 (1901 definitiver Prof.) wirkte R. als Leiter der allg. Abt., Abt. figurales Zeichnen, an der Kunstgewerbeschule des Österr. Mus. für Kunst und Ind. in Wien, wo er u. a. Zeichnen nach der Natur unterrichtete. 1903 verpflichtete ihn G. Mahler (s. d.) als Vorstand des Ausstattungswesens an die Wr. Hofoper. Die Zusammenarbeit zwischen Mahler und R. bedeutete nicht nur eine erste konsequente Umsetzung der Ideen der Theaterreformbewegung der Jh.Wende auf der Bühne, sondern auch im Musiktheater einen später kaum mehr erreichten Höhepunkt. Die außerordentliche, für die Zeit neue Geschlossenheit der Inszenierungen der Ära Mahler–R. beruhte auf der Einheit von Inszenierung, Kostüm- und Dekorationswesen, Bühnentechnik (Lichtgestaltung) und musikal. Interpretation. 1909 verließ R. die Hofoper und kehrte als Dir. an die Kunstgewerbeschule zurück. Er trug bis zu seiner Pensionierung (1934) entscheidend zur internationalen Geltung dieses Inst. bei. In seiner Dion.Zeit wurde die Zusammenarbeit mit Gewerbe und Ind. verstärkt, die Zahl der Lehrfächer ausgeweitet. Nach der Gründung des Reinhardt-Seminars wirkte R. auch dort als Lehrer. Daneben arbeitete er weiter als freier Bühnenbildner. 1905/06 konnte er mit Reinhardt (s. d.) zusammenarbeiten, der im Dt. Theater in Berlin Hofmannsthals (s. Hofmann von Hofmannsthal H.) „Ödipus und die Sphinx“ herausbrachte. 1907 wurde er nach New York an die Metropolitan Opera und an das Dt. Theater berufen. Die Raumkonzepte und die Ausstattung zu Reinhardts aufsehenerregenden Großrauminszenierungen von 1911 (Aischylos, „Orestie“, Hofmannsthal, „Jedermann“) stammten von R. Beide arbeiteten auch bei der Urauff. von Strauss’ „Der Rosenkavalier“ in Dresden zusammen. Ab 1911 wirkte R. wieder an der Wr. Hofoper („Der Rosenkavalier“, 1911, Wagner, „Der fliegende Holländer“, 1913, und „Parsifal“, 1914). Ab 1913 wurde R. immer häufiger ans Burgtheater verpflichtet; ab 1918 arbeitete er vor allem mit dem Schauspieler-Regisseur A. Heine in stimmungsstarken expressiven Inszenierungen zusammen. Als es nach dem Zusammenbruch des Habsburgerreiches galt, die Institution der Hoftheater zu erhalten, wurde R. die Leitung des Ausstattungswesens des Burgtheaters, später auch der Oper übertragen. 1935 i. R. (Ehrenmitgl. der Staatsoper). R., der vehement in die Reformdiskussion der Zeit eingriff, ist ein bedeutender Zeuge für die europaweite Wirkung der geistig künstler. Strömungen im Wien der Jh.Wende, ihrer Entfaltung und Wandlung in den nachfolgenden Jahrzehnten. Er stand in regem Gedankenaustausch mit vielen führenden Künstlern seiner Zeit. Gem. mit Reinhardt, Hofmannsthal, Strauss u. a. gründete er den Ver. Salzburger Festspielhausgemeinde und hatte so entscheidenden Anteil am Werden der Salzburger Festspiele. R. war ab 1906 mit der Malerin Mileva A. R., geb. Stoisavlievic (1886–1949), verheiratet. Auch sein Sohn Ulrich ( * Wien, 27. 5. 1911; † Stolpovo b. Kaluga/UdSSR, 28. 12. 1941/gefallen) wurde nach Stud. in Wien bei seinem Vater an der Kunstgewerbeschule, an der Staatsakad. für Musik und darstellende Kunst und an der Techn. Hochschule Bühnenbildner. Er war 1937 und 1938 am Dt. Opernhaus in Berlin, danach an der Wr. Volksoper und an der Staatsoper (Ausstattungschef) tätig.