Romančuk (Romanczuk), Julijan (Julian) (1842–1932), Politiker, Publizist und Funktionär

Romančuk (Romanczuk) Julijan (Julian), Politiker, Publizist und Funktionär. Geb. Kryłos, Galizien (Krylos, UA), 24. 2. 1842; gest. Lwów, Polen (L’viv, UA), 22. 4. 1932; griech.-kath. Sohn eines Lehrers, Vater des Malers Tyt Romančuk (geb. Lemberg, Galizien / L’viv, UA, 1865; gest. Laurana, Istrien / Lovran, HR, 1911). – R. besuchte Gymnasien in Stanislau und Lemberg und maturierte 1860. 1860–63 studierte er an der philosophischen Fakultät der Universität Lemberg und arbeitete 1863–68 als Vertretungslehrer am deutschen Gymnasium der Stadt. 1868–1900 war er Professor am ruthenischsprachigen akademischen Gymnasium in Lemberg. Er gehörte der 1868 gegründeten galizischen Kommission zur Erstellung von Schulbüchern an und verfasste selbst mehrere Lehrwerke. R. war in der ruthenisch-ukrainischen Nationalbewegung im Lager der narodovci (Volkstümler) aktiv und Gründungsmitglied ihrer wichtigsten Vereine, darunter des Bildungsvereins Prosvita (1868, Vorsitzender 1896–1906, in seiner Amtszeit vermehrte Errrichtung von Lesehallen in Galizien), der Ševčenko-Gesellschaft (1873), der Ruthenischen Pädagogischen Gesellschaft (1881), der Versicherungsgesellschaft Dnister (1895) und des Lehrervereins Učytel’s’ka hromada (1908). R. war zudem beteiligt an der Gründung der Zeitungen „Dilo“ (1880) und „Bat’kivščyna“ (1879), wobei er Letztere auch herausgab, sowie Initiator der Prosvita-Reihe „Rus’ka Pysmennistʼ“ und Herausgeber zahlreicher ihrer Bände, darunter der Werke Taras Ševčenkos. 1883–95 saß R. im galizischen Landtag, wo er 1888–95 als Vorsitzender des Ruthenischen Klubs fungierte und in der 1. Hälfte der 1890er-Jahre in Gegnerschaft zu →Oleksandr Barvins’kyj und dessen polnisch-ruthenischer Kooperationspolitik, der „Nova era“, stand. R. versuchte stattdessen ab 1895 ein Auskommen mit den russophilen ruthenischen Abgeordneten zu finden. Das Scheitern dieser Taktik beförderte die Gründung der Ukrainischen Nationaldemokratischen Partei (1899), deren Mitglied er war und in der er regelmäßig leitende Funktionen übernahm. 1891–97 sowie 1901–18 war R. Mitglied des Abgeordnetenhauses des Reichsrats, ab 1910 dessen Vizepräsident. 1916–17 stand er der ukrainischen parlamentarischen Vertretung vor und gehörte als leitendes Mitglied dem Ukrainischen Hilfskomitee und dem Ukrainischen Kulturrat an. Als Reichsratsabgeordneter war er an der konstituierenden Versammlung der Westukrainischen Volksrepublik im Oktober 1918 beteiligt. Nach der Einnahme Lembergs wurde er vom polnischen Militär verhaftet. Im Polen der Zwischenkriegszeit war R. Mitglied des ukrainischen Rats der Senioren, eines politischen Konsultativverbands.

W.: Dejaki pryčynky do popravnijšoho vydannja poezij Tarasa Ševčenka, in: Zapysky Naukovoho Tovarystva im. Ševčenka 34, 1900; Lozyns’kyj, 1908.
L.: Adlgasser; H. Binder, Galizien in Wien, 2005, s. Reg.; I. Čornovol, Ukrajins’ka frakcija halyc’koho krajovoho sejmu, 2018, S. 322f.; O. M. Sovhar, Pedahohika i kul’turno-prosvitnyc’ka dijal’nistʼ J. R. v schidnij Halyčyni, phil. Diss. Ternopilʼ, 2019 (mit Bild).
(M. Rohde)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)