Ros(s)egger Peter (Petri Kettenfeier), Ps. Hans Malser etc., Schriftsteller. * Alpl (Stmk.), 31. 7. 1843; † Krieglach (Stmk.), 26. 6. 1918. Ältester Sohn eines Bergbauern, Vater des Komponisten und Arztes Sepp R. (s. d.); wurde einige Jahre in einer Wanderschule unterrichtet und absolv. 1860–63 eine Lehre bei einem Störschneider. Schon vom zwölften Lebensjahr an zeigte sich unbändige Leselust, die ihn bald auch zur Nachahmung der ihm zugänglichen Literatur (Erbauungsbücher, Volkskal., Mss.) anregte. Diese Arbeiten führten 1864 zu R.s Entdeckung durch den Red. der Grazer „Tagespost“, A. Svoboda. Nach einer bald abgebrochenen Buchhandelslehre in Laibach (Ljubljana) besuchte R. 1865–69 die Akad. für Handel und Ind. in Graz, fuhr aber daneben fort zu schreiben. Reisen nach Triest (1867), nach Deutschland, Holland und der Schweiz (1870) sowie nach Italien (1872) rundeten seinen Bildungsgang ab. Einen fast traumat. Einschnitt setzte die Versteigerung des väterlichen Hofes 1868. Ermuntert durch die Drucklegung etlicher Ged. und bes. durch die Anerkennung Hamerlings (s. Hammerling), der die Einleitung zu R.s Smlg. mundartlicher Ged. „Zither und Hackbrett“ (1870) verfaßte, entschloß sich R. für den Beruf des freien Schriftstellers, was ihm Stipendien erleichterten. R.s „Sittenbilder aus dem steierischen Oberlande“ (1870) waren großteils in Form von Feuilletons erschienen; das gilt auch für die Erweiterung der Smlg. auf zwei Bde. „Das Volksleben in Steiermark . . .“ (1875) und für viele der folgenden Werke, u. a. für den Romanerstling „Die Schriften des Waldschulmeisters“ (1875), der in der Figur des Andreas Erdmann R.s Lehrer Patterer idealisiert. Die Technik, aus Z. Veröff. Bücher zusammenzustellen und ältere Smlg. umzugestalten, bedingt zahlreiche Titeländerungen bei den kürzeren Erz., deren erster Bd. als „Geschichten aus Steiermark“ 1870 erschien. Eine eigene Gruppe bilden die „Waldheimat“-Erz. (ab 1877), deren erlebter Hintergrund freilich in der Selbststilisierung des „Waldbauernbuben“ nicht immer greifbar bleibt. In der seel. gedrückten Zeit zwischen seinen beiden Ehen (R.s erste Frau starb bereits nach zwei Ehejahren) gründete R. die Z. „Heimgarten“, die 1876–1935 erschien. Darin veröff. er selbst Ged., Erz. und Essays, aber auch seine Romane: zunächst den „Gottsucher“ (1880f.), nach einer Bauernrevolte des 15. Jh. In der Gestaltung des blutigen Protests gegen einen überstrengen Pfarrherrn, der die heim. Bräuche bekämpft, prägt sich der Wandel in R.s Weltbild, nämlich die Abkehr von traditioneller kath. Frömmigkeit und krit. Distanz von der Kirche, was 1871 die Freundschaft mit Anzengruber (s. d.) und Schlögl anbahnte. Im Werk kam dies als josephin. Toleranz neben einer eher konservativen Tendenz zur Bewahrung der Fundamente des Heimaterlebens in Brauchtum und Landschaft zur Geltung, wobei das lehrhafte Element jeder Volksschriftstellerei eine gewisse Unsicherheit im Grundsätzlichen überspielte. In der Beurteilung der wirtschaftlichen Umwälzungen und des gesellschaftlichen Wandels war der Publizist R. dem eher konservativen Romancier voraus. So übergeht der Roman „Jakob der Letzte“, 1888, die aktuelle Ursache der Landflucht, die Industrialisierung, und führt den Untergang eines Dorfes auf einen kapitalkräftigen Jagdherrn zurück, der kein Kulturland wünscht. R.s volkspädagog. Note ist bes. darin deutlich, daß er Auseinandersetzungen mit dem Zeitgeist, die ihm dringlich erschienen, im „Heimgarten“ als „Bergpredigten“ einführte (Buchausg. 1885); den Kontakt zum Rezipienten, den er damit herstellte, suchte R. auch persönlich als Vorleser seiner Werke. In den 80er Jahren sah sich R. veranlaßt, zu brennenden polit. Fragen Stellung zu nehmen; bes. der Kampf um dt. Selbstbehauptung an den Sprachgrenzen fand in ihm einen Förderer, wobei er aber das liberal-humanist. Erbe nicht preisgab. Im Aprilh. 1891 des „Heimgarten“ umreißt R. seine Ideale: christliches Leben, Treue zum eigenen Volk, menschenwürdiges Dasein für die arbeitende Klasse – aber sittlich-freiheitliche Entwicklung und Verträglichkeit gegenüber anderen Völkern. Die Los-von-Rom-Bewegung 1897 wurde von R. eher skept. betrachtet, da er sein eigenes Ziel der Versöhnung der Konfessionen dadurch gefährdet sah. Diesem Streben entsprangen auch das Bekenntnisbuch „Mein Himmelreich“ (1901) sowie mehrere Legendendichtungen, Vorstud. zum Buche „I. N. R. I. Frohe Botschaft eines armen Sünders“ (1905), das sich in die Reihe der damals blühenden Jesusliteratur stellt. Um der Jugend seiner Heimatgemeinde eine bessere Ausbildung zu ermöglichen, gründete R. im Wege einer Spendenaktion die Waldschule (1902). Auf ähnliche Weise half er bei der Erbauung und Errichtung verschiedener kirchlicher und sozialer Einrichtungen. Er erfuhr viele Ehrungen, u. a. 1903 Dr. h. c. der Univ. Heidelberg, 1913 der Univ. Wien, 1917 der Univ. Graz. R.s Stärke liegt nicht auf dem Gebiet der hochdt. Lyrik, nicht einmal auf dem des Mundartged., sondern ist ep. Art; allerdings wird – eine Eigenart volkstümlicher Prosa – die ep. Distanz realist. Erzählens häufig durch engagierte Wortmeldungen des Autors aufgehoben. Auch die Naturschilderungen sind aus dieser Haltung heraus eher subjektiv. Vielleicht war R.s Ringen um den Roman ein vom Zeitgeschmack vorgezeichneter Irrweg; gerade in dieser Großform mußte ja das Schwanken zwischen konservativen und liberalen Anschauungen künstler. Mängel nach sich ziehen. Dieser Problematik ungeachtet, wirkten R.s Werke als Muster auf die Heimatkunstbewegung ab der Jh.Wende und fanden – auch in Übers. – weiteste Verbreitung. Sein Bestes hat R. allerdings wohl in den kleinen Formen, in den kürzeren Erz., aber auch in den Essays im „Heimgarten“, gegeben. Ab 1910 wurde der „Heimgarten“ von R.s Sohn Hans Ludwig R. (1880–1929) geleitet, der diese Z. auf eine rechtsradikalrassist. Programmatik festlegte, die auch in seinen zahlreichen Romanen und Erz. durchschlägt.