Rosthorn, Arthur von (1862-1945), Sinologe, Diplomat und Schriftsteller

Rosthorn Arthur von, Sinologe, Diplomat und Schriftsteller. * Wien, 16. 4. 1862; † Oed (NÖ), 17. 12. 1945. Sohn des Industriellen Josef v. R. (s. d.), Bruder des Vorigen und der Philanthropin H. Lecher, Schwager des Physikers E. Lecher (beide s. d.); stud. 1880–83 an der Univ. Wien Germanistik und vergleichende Sprachwiss., 1883 an der Univ. Oxford Chines. bei J. Legge. Ab 1883 arbeitete R. als Ass. im internen Dienst der chines. Seezollverwaltung. In verschiedenen Städten tätig, lernte er Sprache und Sitten, Geschichte und Literatur der Chinesen kennen. 1895 Dr. phil. (Leipzig). Ab 1886 war R. im österr. diplomat. Dienst. 1895 zum Legationssekretär ernannt, leitete er als Geschäftsträger die 1895 errichtete österr.-ung. Gesandtschaft in Peking bis zum Eintreffen des Gesandten (1897); er fungierte auch während der Abwesenheit des Missionschefs als Geschäftsträger, so z. B. während des Boxeraufstandes 1898, unterstützt von seiner Frau Paula, deren Mut und Fürsorge während der Belagerung des Gesandtschaftsviertels sehr gerühmt wurden. In einem Vortrag vor dem Industriellenverband in Wien machte R. 1902 auf die von der Donaumonarchie wenig genützten Möglichkeiten des chines. Marktes aufmerksam. 1906–11 war R. Gesandter in Persien, 1911–17 Gesandter in China. Die Kriegserklärung Chinas an Österr. (1917) konnte er zwar verzögern, aber angesichts des Drucks der Entente nicht verhindern. 1919 i. R. In seiner Schrift „Unser Verhältnis zu China vor und nach dem Kriege“ (1919) verteidigte er China gegen fremde Eingriffe in dessen Hoheitsrechte und sprach sich für die Mitwirkung der europ. Staaten an der finanziellen Sanierung Chinas und für die Schaffung gerechter Zolltarife aus. R.s zahlreiche wiss. Arbeiten waren der Philol. sowie der polit., sozialen und Geistesgeschichte Chinas gewidmet. 1922 Hon.Prof. für Sinol. an der Univ. Wien. R. wirkte auch als Mittler zwischen Österr. und China sowie Österr. und Ostasien überhaupt. Er trat für den Paneuropa-Gedanken ein und war bis 1938 Vorsitzender der Österr. Friedens-Ges. 1919 korr. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien.

W.: Die Ausbreitung der chines. Macht in südwestlicher Richtung bis zum 4. Jh. nach Chr., 1895 (Diss.); Das soziale Leben der Chinesen ( = Der neue Geist 19), (1919); Das Tsch‘un-tsch‘iu und seine Verfasser, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 189, 1919; Die Anfänge der chines. Geschichtsschreibung, ebenda, 193, 1922; Geschichte Chinas ( = Weltgeschichte in gemeinverständlicher Darstellung, hrsg. von L. M. Hartmann, 10), 1923; Die Urreligion der Chinesen, in: Die Religionen der Erde in Einzeldarstellungen ( = Wiss. und Kultur 2), 1929; Ind. Einfluß in der Lautlehre Chinas, in: Sbb. Wien, phil.-hist. KI. 219, 1941; Stud. zur chines. Lautgeschichte, ebenda, 220, 1942; Memoiren, 1941, Manuskript, Kopie, Archiv des Österr. China-Forschungsinst., Wien; Grammatik des Altchines., Manuskript, F. J. Meier, München, BRD; etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 13. 12. 1900, 28. 6. 1908 und 1. 4. 1911; Neues Österr. und Volksstimme vom 29., Arbeiter-Ztg. vom 30. 12. 1945; Jb. des k. u. k. auswärtigen Dienstes 21, 1917, S. 402; Almanach Wien 92, 1942, S. 218 f., 96, 1948, S. 114 ff.; E. Unterrieder, A. v. R. – Diplomat, Wissenschaftler und Mittler zwischen Österr. und China, in: Zeitgeschichte 5, 1977/78, S. 221 ff. (mit Werksverzeichnis); G. Kaminski – E. Unterrieder, Von Österreichern und Chinesen ( = Berr. des L. Boltzmanninst. für China und Südostasienforschung 13), (1980), s. Reg.; Jb. der Wr. Ges., 1929; Kosch, Kath. Deutschland; Kürschner, Gel. Kal., 1926–35; H. Benedikt, Die wirtschaftliche Entwicklung in der Franz-Joseph-Zeit ( = Wr. hist. Stud. 4), (1958), S. 170; G. Mecenseffy, Evang. Lehrer an der Univ. Wien, 1967, S. 211 ff.; K. Körrer, Die zwischen 1938 und 1945 verstorbenen Mitgl. des Lehrkörpers an der Univ. Wien, phil. Diss. Wien, 1981, S. 201 f.; UA Wien.
(S. Verosta)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 43, 1986), S. 269f.
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