Rudolf Franz Karl Josef, Erzherzog von Österreich, Kronprinz. * Laxenburg (NÖ), 21. 8. 1858; † Mayerling (NÖ), 30. 1. 1889 (Selbstmord). Sohn K. Franz Josephs I. und der Kn. Elisabeth (beide s. d.), Urgroßneffe des Folgenden; nach dem Scheitern einer streng militär. Erziehung wurde der kränkliche, hochsensible und überaus intelligente Kronprinz auf Betreiben seiner Mutter ab 1865 von bürgerlichen liberalen Lehrern erzogen, darunter von berühmten Wissenschaftern wie F. v. Hochstetter, A. Exner, K. Menger, A. Gindely (alle s. d.) und J. Zhisman. Den Grundsätzen dieser Erziehung blieb er sein Leben lang treu. Wie seine Mutter trat er schon früh in Opposition zum Wr. Hof, betrachtete ganz im Sinne des Liberalismus seiner Zeit das Bürgertum als „die Basis des modernen Staates“ und lehnte den Vorrang von Kirche und Aristokratie in der Politik ab, auch darin dem von ihm verehrten Joseph II. nacheifernd. Bei seinen Zeitgenossen machte sich R. als Reiseschriftsteller und als Organisator des 24bändigen Werkes „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“ einen Namen. Sein naturwiss. Interesse dokumentierte sich in zahlreichen naturhist., vor allem ornitholog. Aufsätzen, in zoolog. Smlg. und in der Mitarbeit am „Thierleben“ seines väterlichen Freundes A. Brehm. R. machte zwar auf Weisung Franz Josephs, der ihm das Stud. der Naturwiss. untersagte, eine steile Karriere als Off. (1878 Obst. im IR 36, 1880 GM, 1882 FML, 1888 Gen.Inf.Insp.), betätigte sich aber ohne Wissen seines Vaters als polit. Journalist. Er verfaßte Denkschriften, die sich vor allem gegen die Politik des Ministerpräs. Taaffe und damit indirekt gegen die des Vaters richteten und arbeitete am oppositionellen liberalen „Neuen Wiener Tagblatt“ seines Freundes Szeps mit. Die Freundschaft mit diesem und anderen jüd. Intellektuellen sowie mit dem Finanzmann M. Frh. v. Hirsch (s. d.) zog ihm die Feindschaft der Antisemiten zu, die ihn im Ausland als „Judenknecht“ beschimpften. R.s Antiklerikalismus brachte ihn in Gegensatz zur Kirche, sein betont übernationales Denken in oft aggressive Gegnerschaft gegen Nationalisten aller Art, vor allem aber gegen die Dt.Nationalen um Schönerer, seine demonstrative Bevorzugung des Bildungsbürgertums in offene Konfrontation mit dem Hofadel, sodaß er schließlich am Hof völlig isoliert war. Mangelnder persönlicher Kontakt mit den Eltern, Eheprobleme mit der belg. Kg.Tochter Stephanie (s. Lónyay v. Nagylónya u. Vásárosnamény S.) – die aus dieser Ehe stammende Tochter Elisabeth war in 1. Ehe mit O. Fürst Windischgrätz, in 2. Ehe mit dem sozialdemokrat. Abg. Petznek verheiratet –, Depressionen vor allem nach der Thronbesteigung des gleichaltrigen Wilhelm II. im Dt. Reich verschlechterten 1888 seine durch eine Geschlechtskrankheit, Alkohol und Drogen geschwächte Konstitution, sodaß er bereits im Herbst 1888 seiner damaligen Geliebten Mizzi Caspar den Doppelselbstmord vorschlug. Er fand aber erst in der siebzehnjährigen Baronesse Mary Vetsera ein romant.begeistertes Opfer. Die hist. Forschung kann mit Sicherheit nachweisen, daß R. zuerst seine Geliebte erschoß und sich dann durch einen Kopfschuß selbst tötete. Die anhaltenden Diskussionen über diesen sensationellen Todesfall sind vor allem auf die ungeschickten Versuche zurückzuführen, ihn zu vertuschen.