Rzach, Alois (1850-1935), Altphilologe

Rzach Alois, klassischer Philologe. * Patzau (Pacov, Böhmen), 16. 11. 1850; † Prag, 27. 8. 1935. Stud. 1869–72 an der Univ. Prag klass. Philol. (u. a. bei Kvíčala, s. d.), Phil., Altgermanistik, Geschichte, Hebr. und Arab.; 1873 Dr. phil. und Lehramtsprüfung aus Latein und Griech. 1872–84 wirkte Rz. am Kleinseitner Gymn., 1876 Habil. für klass. Philol. an der Univ. Prag; 1883 Tit. ao. Prof., 1884 ao. Prof., 1887 o. Prof. für klass. Philol. an der Dt. Univ., 1895/96 Dekan, 1904/05 Rektor, 1906 HR. Ab seiner Pensionierung 1923 Hon.Prof. Rz. widmete seine wiss. Tätigkeit vor allem der Überlieferungsgeschichte, Textkritik, Sprache und Metrik der griech. Epiker. Der Apparat seiner Iliasausg. bietet die wichtigsten Resultate der Homerforschung seiner Zeit; in seiner krit. Ausg. der hesiod. Ged. legte Rz. die Grundlagen für die Sichtung und Bewertung der Hss., wobei bes. die Vollständigkeit und Sorgfalt in der Anführung der Testimonien hervorzuheben sind. Die Ausg. der Sibyllin. Orakel, nach gründlichen Vorarbeiten entstanden, zog die Hss. so vollständig als möglich heran und bot mit ihrem überaus reichen krit. Apparat den Ausgangspunkt für alle weitere Forschung auf dem Gebiet dieser schlecht überlieferten Textsmlg. Rz.’ Lehrtätigkeit umfaßte sowohl Sprache und Literatur als auch die Realien des griech. und latein. Faches; als unermüdlicher Volksbildner war er u. a. 1891 Gründungsmitgl., ab 1918 Vorstand der Ges. zur Förderung dt. Wiss., Kunst und Literatur in Böhmen, 1892 Gründer der Dt. Ges. für Alterthumskde. in Prag (1910 deren Ehrenmitgl.) und Obmann des Prager Volksbildungshauses Urania. Seine Tochter Hedda (1875–1953), Lyrikerin und Novellistin, ab 1892 mit dem Germanisten A. Sauer verheiratet, war Briefpartnerin von M. Ebner v. Eschenbach, Rilke (beide s. d.), Saar und Mell und spielte eine führende Rolle im Ges.Leben der Dt. in Prag.

W.: Hesiod. Untersuchungen, in: Programm des k. k. dt. Ober-Gymn. der Kleinseite zu Prag 1875, (1875); Grammat. Stud. zu Apollonios Rhodios, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 89, 1878; Stud. zur Technik des nachhomer. heroischen Verses, ebenda, 95, 1880; Neue Beitrr. zur Technik des nachhomer. Hexameters, ebenda, 100, 1882; Krit. Stud. zu den Sibyllin. Orakeln, in: Denkschriften Wien, phil.-hist. Kl. 38, 1890; Metr. Stud. zu den Sibyllin. Orakeln, in: Sbb. Wien, phil.hist. Kl. 126, 1892; Zur ältesten Überlieferung der Erga des Hesiodos, in: Symbolae Pragenses, 1893; Die Oracula Sibyllina, bearb. von J. Geffcken, 1902. J. Geffcken, Komposition und Entstehungszeit der Oracula Sibyllina, in: Götting. gelehrte Anzeigen 166, 1904 (Rezension); Analekta zur Kritik und Exegese der Sibyllin. Orakel, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 156, 1908; F.Mauthner, in: N. Österr. Biogr. 3, 1926; H. Swoboda, in: Sudetendt. Lebensbilder 2, hrsg. von E. Gierach, (1930); Artikel in RE; zahlreiche Aufsätze in Fachz., bes. in Wr. Stud., Philologus, Z. für die österr Gymn.; Literaturberr. in Jahresber. über die Fortschritte der class. Altertumswiss.; zahlreiche Rezensionen, meist in Schulprogrammen und in Z. für die österr. Gymn.; etc. Hrsg.: Homeri Iliadis carmina, 2 Tle., 1886–87, 2. Ausg., 2 Bde., 1890; Chresmoì Sibylliakoì. Oracula Sibyllina, 1891; Hesiodi carmina, 1902 (Editio maior); Hesiodi carmina, 1902, 3. Aufl. 1913 (Editio minor); etc.
L.: Prager Tagbl. vom 28. (Abendausg.) und 29. 8., Dt. Ztg. Bohemia und Prager Presse vom 29. 8. 1935; Forschungen und Fortschritte 11, 1935, S. 391 f.; S. Reiter, A. Rz., in: Jahresber. über die Fortschritte der klass. Altertumswiss. 254, Nekrologe, 1936, S. 132 ff. (mit Werksverzeichnis); Ber. über das Stud.Jahr 1934/35 der dt. Univ. in Prag . . . Nachrufe, 1936, S. 26 ff.; Kosch, Kath. Deutschland; Otto; Otto, Erg.Bd. V/2; A. Hinrichsen, Das literar. Deutschland, 2. Aufl. 1891; Die dt. Karl-Ferdinands-Univ. in Prag . . ., 1899, S. 455, 477; Charisteria, A. Rz. zum 80. Geburtstag dargebracht, 1930; Unsere alma mater, (1938), S. 153 f.; Hesiodi Theogonia, Opera et Dies, Scutum, hrsg. von F. Solmsen, 1970, S. Vff.; Mitt. B. Ryba (†) und M. Vilímková, beide Prag, W. Matyas, Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 44, 1987), S. 353
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