Sartory (Sartori), Johann (1759-1840), Schauspieler, Regisseur und TheaterdirektorSartory (Sartori) Johann, Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter. * Prag, 25. 4. 1759; † Wien, 9. 5. 1840. Sohn des Theaterprinzipals Anton († vor 1765) und der Schauspielerin Maria Anna S. ( * um 1733; † Wien, 27. 9. 1792), Schwager der Folgenden, Onkel des Schauspielers J. Koberwein (s. d.). Die Wanderschauspielerfamilie S. trat u. a. in Prag, Brünn (Brno), Linz und St. Pölten auf, zumeist im Verband von Theatertruppen, wie der Koberweinschen und der Hellmannschen. Mit dieser wurde S. 1782 erstmals für zwei Monate, 1783 ganz ans Leopoldstädtertheater in Wien engagiert. Unter den durchwegs begabten Schauspielerpersönlichkeiten der Familie ist S., der schon als Kind Mitgl. des Ballettensembles des Kärntnertortheaters in Wien gewesen war, die hervorragendste; er entwickelte sich zu einer der Hauptstützen des Ensembles des Leopoldstädtertheaters, aber auch zu einem der beliebtesten lokalen Komiker, für den die bedeutendsten Theaterdichter Wiens, wie Bäuerle, Gleich, Hensler, Meisl (alle s. d.) und Schikaneder Rollen schrieben, wie etwa den von S. 1818 kreierten Rummelpuff in Bäuerles „Falscher Primadonna“. Gelangen ihm in den früheren Jahren bes. die kraftvollen, manchmal derben Gestalten, bramarbasierende Polterer und „geharnischte Eisenfresser“, wie etwa Henslers Ritter Feige von Bomsen („Das Faustrecht in Thüringen“), gelangte er später auch zur überzeugenden Darstellung von schlichter Redlichkeit und bürgerlicher Ehrbarkeit und vollzog so den Schritt vom Chargen zum Charakterspieler. Ab 1794 wirkte S. am Leopoldstädtertheater auch als Regisseur; in der durch Erbschaftsstreitigkeiten verursachten Krise des Theaters wurde er 1821 provisor., 1822 definitiver Dir., scheint diese Funktion jedoch in erster Linie den Behörden gegenüber innegehabt zu haben. Immerhin gelang ihm, wenn er auch vielleicht keinen wesentlichen Einfluß auf die künstler.Gestaltung ausüben konnte, doch die Wahrung der künstler. Stabilität. 1828 von Raimund (s. d.) abgelöst, übernahm S. 1830 interimist, nochmals die Dion.Geschäfte.
Hauptrollen: Schuster (E. Schikaneder, Das abgebrannte Haus); Lärmer (K. Meisl, Der Kirchtag in Petersdorf); Joseph Redlich (A. Bäuerle, Die Bürger in Wien); Wilmer (ders., Der Freund in der Noth); Hanns Erdmann (J. A. Gleich, Heinrich der Stolze); Georg Schmidt, ein Köhler (ders., Kunz von Kauffungen); Simon, Christoph und Mjr. Stern (ders., Der Eheteufel auf Reisen); Goldarbeiter und Pächter Martin (ders., Ydor, der Wanderer aus dem Wasserreich); Richter Knolling (Th. Krones, Sylphide, das See-Fräulein); etc.
L.: A. Mansfeld, Das Ensemble des Leopoldstädter-Theaters . . . 1794, in: Adler 16, 1950–52, S. 214, 216; Eisenberg, Bühnenlex.; Enc. dello spettacolo; Giebisch-Gugitz; Goedeke, s. Reg.; Kosch; Kosch, Theaterlex.; Wurzbach (s. unter Sartori Joseph); O. Horn, Th. Krones, 5 Bde., 1854 (belletrist.); ders., F. Raimund, 3 Bde., 1855 (belletrist.); G. Gugitz, Der Weiland Kasperl (J. La Roche), 1920, s. Reg.; H. Grund, Das Leopoldstädter „Kasperltheater“ . . . 1781–1803, phil. Diss. Wien, 1921; F. Raimund als Schauspieler, hrsg. von F. Hadamowsky, 1–2, (1925), s. Reg.; F. Hadamowsky, Das Theater in der Wr. Leopoldstadt 1781–1860 ( = Kat. der Theatersmlg. der Nationalbibl. in Wien 3), 1934, s. Reg.; L. Bittner, Ensemble um Raimund am Leopoldstädtertheater (1817–30), phil. Diss. Wien. 1948. S. 31 f., 88, 90 ff.; 97, 107, XVIIf., LV, LXV, LXXff., LXXVIII; O. Rommel, Die Alt-Wr. Volkskomödie, (1952), s. Reg.; E. Futter, Die bedeutendsten Schauspielerinnen des Leopoldstädter Theaters in der Zeit von 1800–30. . . 1 ( = Diss. der Univ. Wien 48), 1970, S. 4, 23, 25. 27 f., 33, 98, 155, 302, 304; E. Pies, Prinzipale. Zur Geneal. des dt.sprachigen Berufstheaters vom 17.–19. Jh., 1973 (s. unter Sartory Anton); H. Schöny, Wr. Künstler-Ahnen 2. 1975, S. 73; Th. Krones zum 150. Todestag, (1980), bes. S. 24, 31f. (Kat.); P. S. Ulrich, Theater, Tanz und Musik im Dt. Bühnenjb. 2, (1985); Mitt. A. Fleisch mann, Wien.
(E. Lebensaft)
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 429f.