Sauter, Ferdinand (1804-1854), Schriftsteller

Sauter Ferdinand, Schriftsteller. * Werfen (Salzburg), 6. 5. 1804; † Wien, 30. 10. 1854. Bruder des Forstmannes Andreas S. und des Botanikers und Mediziners Anton E. S. (beide s. d.); nach dem frühen Tod des Vaters (1807) übersiedelte die Familie auf das Gut von dessen Bruder in der Nähe von Salzburg; war nach einer Kaufmannslehre längere Zeit bei einem Kaufmann in Wels beschäftigt. 1825 kam er nach Wien, war zunächst Angestellter der Klein-Neusiedler Papierfabrik (bis 1839), später – auf Vermittlung Halms (s. Münch-Bellinghausen E. F.J.) – Diurnist bei der Österr. Brandschaden-Assekuranzges. S. fand in Wien rasch Anschluß an die künstler.-geselligen Zirkel des Vormärz, so trat er bald in freundschaftlichen Verkehr zu Schubert und Schwind (der ihn 1828 malte) und verkehrte, wenn auch seltener, im Kreis der Literaten und Künstler im „Silbernen Kaffeehaus“; ab Beginn der 30er Jahre wurde ihm bes. der Künstlerkreis um den Dichter J. Nep. Vogl maßgebend. In der Wr. Zeit reifte S., wenn auch schon vorher literar, ambitioniert, zum Dichter. Der künstler. Bogen seiner Ged., die vereinzelt in Z. und Almanachen erschienen und trotz der Bemühungen seiner Freunde, darunter auch Stifters, von S. selbst nie als Buch hrsg. wurden, reicht von ernster, tw. bekenntnishafter Stimmungslyrik bis zu sarkast.-krit. Versen und Gelegenheitsged., die, häufig aus einer spontanen Situation heraus improvisiert – und dadurch oft heute verloren –, ihrem Verfasser den Ruf eines genial., und gesuchten Improvisators verschafften, den zunehmende Enttäuschung und innere Vereinsamung immer mehr in seichten Unterhaltungsstätten Zuflucht und Heimstatt suchen ließen. Darüber hinaus aber waren Haltung und Werk dieses genialen Bohemiens Protest gegen die Unterdrückung geistiger Potenz im österr. Vormärz durch Polizei und Zensur. S. lebte, feierte und litt mit den kleinen Leuten der Vorstadt und der noch halb ländlichen Vororte – ihre bunte Welt, ihre Sehnsüchte und Hoffnungen fanden ihren Niederschlag in Dichtungen, deren Spontaneität sie noch heute lebendig erscheinen läßt. Die Tradition der Wr. Volksdichtung mit ihrem zutiefst demokrat. Impuls (vgl. die Gleichheitsforderung in S.s berühmtem „Gassenlied“) mündet in erste Ansätze zur Schilderung der großstädt. Ges., wie sie F. v. Saar (s. d.) vollenden sollte.

W.: Ged., hrsg. von J. v. d. Traun (mit Lebensskizze), 1855; Ged., hrsg. von K. v. Thaler, 1895; Ged., hrsg. von W. Börner, 1918; „Freu dich schnell, es ist vonnöten!“ Ein F.-S.-Brevier, hrsg. von O. Stein ( = Die hundert kleinen Bücher 16), 1940; „. . . und das Glück lag in der Mitten“, hrsg. von L. Wiedner und G. Martin ( = Stiasny-Bücherei 39), (1958); etc. Nachlaß, Wr. Stadt- und Landesarchiv, Wien.
L.: Salzburger Ztg. vom 11. und 12. 1. 1875; Die Furche vom 15. 6. 1946; Neues Österr. vom 1., Wr. Ztg. vom 6. 5. 1954; Das kleine Volksbl. vom 30. 8. 1959; Neue Illustrierte Wochenschau vom 3. 5. 1964; E. J. Görlich, F. S. und das Wr. Schrifttum, in: Wr. Geschichtsbll. 6, 1951, S. 43 ff.; Als Dichter und Assekurant gleichermaßen unbekannt: F. S., ebenda, 39, 1984, S. IIf. und XVIIIf.; Brümmer; Giebisch-Gugitz; Goedeke, s. Reg.; Groner; Kosch; Nagl-Zeidler-Castle 3–4, s. Reg.; Wurzbach; F. Schlögl, Ueber F. S., den Dichter und Sonderling, 1884; L. Wegmann, F. S. Ein Lebensbild des wiener. Dichters . . ., 1904; H. Deißinger–O. Pfeiffer, F. S. Sein Leben und Dichten, 1926, Neuaufl. 1927; R. Holzer, Der Himmel voller Geigen (1946) (Drama); E. P. Danzsky, Trabant der großen Sterne, (1948) (Roman); O. E. Deutsch, Schubert. Die Dokumente seines Lebens ( = F. Schubert. Neue Ausg. sämtlicher Werke, Ser. VIII, Suppl. 5), 1964, s. Reg.; K. Wache,Dichterbildnisse aus Alt- und Neu-Wien ( = Österr.-R. 363/364), (1969), S. 9 ff.; J. Buchowiecki, F. S. Mit ungedruckten Ged. und einer Bibliographie, (1972); In Salzburg geboren, hrsg. von A. Stockklausner, 2. Aufl. 1973, S. 161 ff.; K. Ziak, Des Hl. Röm. Reiches größtes Wirtshaus. Der Wr. Vorort Neulerchenfeld, (1979), S. 53 ff.; H. H. Hahnl, Vergessene Literaten, (1984), S. 47 ff.; Salzburger Kulturlex., hrsg. von A. Haslinger und P. Mittermayr, (1987); A. Fürst, Sonnenkinder im Regenwinkel, o. J. (Roman); H. Zur Mühlen, Kleine Geschichten von grossen Dichtern. o. J., S. 7 ff. (Erz.).
(W. Häusler–E. Lebensaft)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 446f.
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