Schenker, Gottfried (1842-1901), Spediteur

Schenker Gottfried, Spediteur. * Däniken, Kt. Solothurn (Schweiz), 14. 2. 1842; † Wien, 26. 11. 1901. Sohn eines Schlossers; stud. 1861/62 an der Univ. Heidelberg Jus, mußte jedoch aus wirtschaftlichen Gründen sein Stud. abbrechen und die kaufmänn. Laufbahn – vorerst in Mainz – einschlagen. 1865 war S. in der Güterexpedition der Schweizer Central-Eisenbahn in Basel beschäftigt, ab 1866 bei der Baseler Speditionsfa. Braff & Eckert, wo er mit dem Getreideimportgeschäft von Österr.-Ungarn nach Frankreich befaßt und zu diesem Zweck 1867 nach Wien und Budapest delegiert wurde. Er war in den folgenden Jahren teils selbständig, teils bei verschiedenen Firmen, immer jedoch im Speditionsgeschäft tätig. 1872 gründete S., der immer mehr die Bedeutung des internationálen Speditionsgeschäfts erkannte und betonte, gem. mit M. Karpeles und M. Hirsch die Fa. S. & Co. in Wien. Er verstand es in den folgenden Jahren, zahlreiche Agenturen europ. Eisenbahnges. vertraglich an sich zu binden und damit seinen Aktionsradius sukzessive auszuweiten. Dadurch war es ihm auch möglich, für die internationalen Warentransporte günstige Bahntarifkombinationen anzubieten. Auch die im Laufe der Jahre von ihm in den wichtigsten Verkehrszentren Europas gegründeten 33 Filialen (1901 inklusive Wien 1000 Angestellte) verhalfen der Fa. zu internationalem Ansehen. S.s große Pionierleistung war die 1873 begonnene Realisierung seiner Idee, Kleinsendungen zu einer Transporteinheit zusammenzufassen; dies war die Geburtsstunde des Bahnsammelverkehrs. Neben der Flußschiffahrt bes. auf Drau und Donau (Drau-Dampfschiffahrt-Unternehmung) ließ sich S. auch die Entwicklung des Seegeschäfts angelegen sein. Als wichtigste Maßnahmen sind anzusehen: 1879 die Gründung der Seefahrtsges. The Adria Steamship (für den Linienverkehr von Triest und Fiume/Rijeka nach England und Schottland) und einer eigenen Reederei, der Austro Americana (1895), mit Sitz in Triest, durch die der Seeverkehr auf die USA ausgedehnt wurde. Auch im Reisebürogeschäft etablierte sich S. und eröffnete bereits 1886 das erste S.-Reisebüro in Wien, später gefolgt von München, Prag und Karlsbad (Karlovy Vary). S., Träger in- und ausländ. Orden und Auszeichnungen, war eine bedeutende und initiative Unternehmerpersönlichkeit, die, großräumig denkend, wesentliche Impulse zur Ausgestaltung der Speditionsbranche und damit auch insgesamt für den Handel der Österr.-ung. Monarchie gab. Er schuf eine Organisation, die sich bereits bei seinem Tod als weltumspannend abzeichnete.

L.: N. Fr. Pr., Wr. Ztg., Neues Wr. Tagbl. und Illustrirtes Wr. Extrabl. vom 27. (alle Abendausg.), Neues Wr. Journal, Oesterr. Volks-Ztg. und Triester Ztg. (Abendausg.) vom 28. 11. 1901; Allg. Tarif-Anzeiger 20, 1901, S. 696, 700; Oesterr.ung. Zoll- u. Speditions-Ztg. vom 1. 12. 1901; Großind. Österr., Erg.Bd. 3, S. 374; Das Haus S. 1872–1932, (1932), S. 7f., 10, 17; R. Granichstaedten-Czerva – J. Mentschl – G. Otruba, Altösterr. Unternehmer ( = Österr.-R. 365/367), 1969, s. Reg.; 1879–1979 . . . Schenker Trieste, (1979); M. Petrovic, G. S. 1842–1901. Ein Porträt, 1982; Mitt. H. Emersberger, Wien.
(M. Petrovic)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 46, 1990), S. 80f.
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