Schiffmann, Konrad (1871-1941), Historiker, Archivar und Bibliothekar

Schiffmann Konrad, Historiker, Archivar und Bibliothekar. * Grieskirchen (OÖ), 25. 8. 1871; Linz, 12. 3. 1941. Sohn eines Schuhmachers; besuchte ab 1891 die Diözesanlehranstalt in Linz, 1894 Priesterweihe, und stud. ab 1895 an der Univ. Innsbruck Germanistik, u. a. bei Josef Seemüller, klass. Sprachen, Geschichte und Geographie. 1898/99 aus polit. Gründen (die Teilnahme an Protestaktionen kath. Studenten ist nicht belegbar) vorübergehend relegiert, war er in der Seelsorge tätig; 1899 Dr. phil., 1900 Lehramtsprüfung aus Dt., Geschichte und Geographie. S. wirkte ab 1900 als Supplent, ab 1901 als Prof. am Bischöflichen Gymn. Petrinum in Linz, wurde aber 1908 beurlaubt und mit der Leitung der Stud.Bibl. betraut, 1909 formell zum Prof. am Staatsgymn. Ried i. Innkreis ernannt, jedoch weiterhin beurlaubt. 1922 erhielt er auch offiziell einen Dienstposten als Leiter der Stud.Bibl., der er ab 1923 als Dir., ab 1928 als Oberstaatsbibliothekar vorstand; 1934 i. R. S., der seit 1900 immer wieder auf den beklagenswerten Zustand der Stud.Bibl. hingewiesen hatte, widmete sich ab 1908 dem Ausgleich mit dem Stift Kremsmünster, das die Bibl. seit deren Gründung 1774 betreut hatte, und erreichte 1929 deren Übernahme in staatliche Verwaltung. Dank seiner steten Bemühungen und seiner freundschaftlichen Beziehungen zu Bundeskanzler Schober konnte er 1930–32 für die von ihm planmäßig vermehrten Bestände ein eigenes Bibl.Gebäude errichten, das noch heute als zeitgemäß gilt. Daneben war S. mit archivar. Arbeiten befaßt, ordnete 1901 das Stiftsarchiv Gleink und erreichte dessen Verlegung, wie auch die des Archivs von Garsten, nach Linz und 1902 die Gründung eines Diözesanarchivs, des ersten dieser Art in Österr., dessen Betreuung er bis 1910 wahrnahm. Er initiierte auch eine Instruktion für die Pfarrarchive und schuf dem Archiv ein eigenes Publ.Organ, die erste derartige Z. in Österr. Veranlaßt durch die Haltung Bischof Hittmairs (s. d.) gegenüber dem Archiv, legte er zwar seine Aufgabe zurück, trat aber weiterhin für die sachgemäße Verwahrung kirchlicher Archivalien ein. S. entfaltete eine reiche wiss. Publ.Tätigkeit, veröff. 15 selbständige Arbeiten und mehr als 200 Abhh. Durch die im Auftrag der Akad. der Wiss. in Wien von ihm vorgenommene Hrsg. der mittelalterlichen Stiftsurbare OÖ wurde er zu ortsnamenkundlichen und siedlungsgeschichtlichen Arbeiten angeregt, die ihm anfänglich sogar den Vorwurf der Slawomanie eintrugen. Die Ergebnisse seiner Forschungen faßte er schließlich in einem hist. Ortsnamenbuch für OÖ zusammen, in dem er manche seiner umstrittenen Ansichten korrigierte. Er widmete sich aber auch u. a. der Geschichte des Bibl.-, Schul- und Theaterwesens, ferner quellenkundlichen Problemen. Persönlich galt S. als schwieriger Charakter. Er war ab 1905 korr. Mitgl. der Zentral-Komm. für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale und ab 1908 Konservator von deren Archivsektion. Mit seinem Ortsnamenbuch schuf S. ein – wenn auch inzwischen in Details überholt – noch heute unentbehrliches Nachschlagewerk und erwarb sich durch die Gründung des Diözesanarchivs und durch den Neubau für die Stud.Bibl. in Linz sowie deren Ausbau und Reorganisation bleibende Verdienste.

W.: Das Schulwesen im Lande ob der Enns bis zum Ende des 17. Jh., in: 59. Jahres-Ber. des Mus. Francisco-Carolinum, 1901, auch selbständig; Drama und Theater in Österr. ob der Enns bis zum Jahre 1803, ebenda, 63, 1905, auch selbständig; Die oberösterr. Ortsnamen, in: Archiv für die Geschichte der Diözese Linz 3, 1906; Die Stationsnamen der Bahn- und Schiffahrtslinien in OÖ, 1915, 6. Aufl. 1939; Neue Beitrr. zur Ortsnamenkde. OÖ, 4f., 1926–31; Hist. Ortsnamen-Lex. des Landes OÖ, 2 Bde., 1935, Erg.Bd., 1940; Die Hss. der öff. Stud.Bibl. in Linz, 1935, Manuskript, Bundesstaatliche Stud.Bibl., Linz, xerokop. Ausg. 1971 (Ann Arbor, USA); usw. Hrsg.: Die mittelalterlichen Stiftsurbare desErzherzogtums Österr. ob der Enns, 4 Bde. ( = Österr. Urbare, Abt. 3/2, 1–4), 1912–25; usw. Red.: Archiv für die Geschichte der Diözese Linz. Beilage zum Linzer Diözesanbl., gem. mit O. Grillnberger und F. Berger, 1 ff., 1904 ff. Übers.: Wernher der Gartner, Helmbrecht, (1905), 2. Aufl. o. J., Luxusausg. 1924. – Tagebuch und Nachlaß, Bundesstaatliche Stud.Bibl., Linz.
L.: Tagbl. (Linz) vom 26. 9. 1934; Tages-Post (Linz) vom 21. 3. 1941 und 25. 1. 1954, Linzer Volksbl. vom 12. 3. 1956, 20. 7. 1968 und 19. 8. 1971; Oberösterr. Nachrichten vom 25. 8. 1971; Neues Volksbl. vom 8. 11. 1974; F. Berger, in: Der „Heimatgau“ 3, 1941/42, S. 114ff.; ders., in: Jb. des Ver. für Landeskde. und Heimatpflege im Gau Oberdonau 90, 1942, S. 22ff. (mit tw. Werksverzeichnis); R. Zinnhobler, in: Linz aktiv 24, 1967, S. 37; R. Altmüller, in: Oberösterr. Kulturber. 25, 1971, S. 74ff.; E. Oberlik, in: Lebendiges Linz 6, 1983, n. 32, S. 22; Kosch, Kath. Deutschland; Kosel 2; Krackowizer; Kürschner, Gel.Kal., 1925–31; H. Leeb, Beitrr. zur Geschichte von Grieskirchen und Umgebung, 1956, S. 117; Biograph.Lex. von OÖ, bearb. von M. Khil, 8, (1962); S. Rathner, in: 900 jahre pfarre grieskirchen 1075/1975, (1975); G. Androsch, Die Baugeschichte der Stud.Bibl. Linz. K. S.s Kampf um einen Bibl.Neubau, Hausarbeit für den höheren Bibl.Dienst, Wien 1985; J. Ruhsam, K. S. (1871–1941) ( = Neues Archiv für die Geschichte der Diözese Linz, Beih. 1), 1986 (mit Werksverzeichnis).
(K. Rumpler)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 47, 1991), S. 125f.
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