Schlagham(m)er, (Alois) Richard; Ps. Richard Grosse (1871-1917), Schauspieler

Schlagham (m)er (Alois) Richard, ursprüngliches Ps. Richard Grosse, Schauspieler. * Prag-Wyschehrad (Královský Vyšehrad), 2. 9. 1871; † Prag-Kgl. Weinberge (Královské Vinohrady), 26. 4. 1917. Sohn eines dt. Prager Polizeibeamten und einer tschech. Mutter, deren Ehe 1890 geschieden wurde; besuchte die Handelsakad. in Prag, wo er bald auch im tschech. Dilettantentheater auftrat, und begann im Herbst 1891 seine professionelle Tätigkeit am tschech. Nationaltheater in Brünn (Brno). 1892 bewarb er sich ohne Erfolg um ein Engagement am Prager tschech. Nationaltheater, spielte in der Arena in der Prager Vorstadt Smichow (Smíchov) und begann nach dem Militärdienst 1893 unter dem Schauspielernamen Richard Schlaghammer seine Karriere im dt.sprachigen Theater. Nach Engagement am Prager dt. Theater ging er 1897 nach Elberfeld, 1898 nach Teplitz (Teplice), 1899 nach Erfurt, 1901 nach Breslau (Wrocław). Von da holte ihn H. Conried (s. H. Cohn) an sein dt.sprachiges Irving Place Theatre nach New York. Bes. hier reifte S. zum Repräsentanten einer modern orientierten unpathet. Schauspielkunst, hauptsächlich im Charakterfach des klass. Kostümdramas und des modernen Konversationsstücks eingesetzt. Vor der Rückkehr nach Europa absolv. er noch eine größere Amerikatournee und war danach 1905–07 Ensemblemitgl. des Residenztheaters in Hannover. Ende 1907 kehrte er nach Prag zurück, wo er von 1908 bis zu seinem Tod tätig war. Hier wirkte er unter der Regieleitung seines Freundes J. Kvapil (s. d.) als eine der führenden Schauspielerpersönlichkeiten im tschech. Nationaltheater. Weitgehend ohne nötige Voraussetzungen, von eher kleiner Gestalt und mit einer nicht gerade hell klingenden Stimme, vermochte er doch dank scharfer Intelligenz und ausgezeichneter Schauspieltechnik zu reüssieren. Ohne Konkurrenz war er in Salonrollen (etwa als Robert Chiltern in Oscar Wildes „Ein idealer Gatte“ oder als Henry Higgins in Shaws „Pygmalion“), wobei er überzeugendes intellektuelles Übergewicht mit einer authent. Saloneleganz zu verbinden wußte. Als Max Piccolomini in Schillers „Wallenstein“ oder als Goethes Faust konnte er seine entmonumentalisierende sachliche Auffassung der klass. Figuren präsentieren. Daneben entwickelte S. eine Reihe von klass. kom. Gestalten von Philosoph. Tiefe, die 1916, kurz vor seinem Tod, im Sir John Falstaff in Shakespeares „König Heinrich IV.“ gipfelte.

L.: Lidové noviny vom 7. 3. 1911 und 28. 4. 1917; Kalendář Národního divadla v Praze 31, 1912, S. 45; Topičův sborník literáni a umělecký 4, 1916/17, S. 429; J. Rydvan, in: České divadlo 1, 1917, S. 84 (mit Bild); Otto, Erg.Bd. V/2; J. Kvapil, O čem vim, 1932, s. Reg.; V. Tille, Činohra Národního divadla od roku 1900 do převratu ( = Dějiny Národního divadla 5), 1935, s. Reg. (mit Bild); K. Engelmüller, O slávě herecké, 1947; Dějiny českeho divadla 3, 1977, s. Reg.; Postavy brněnského jeviště 1, 1984, S. 630; Národní divadlo . . ., 1988 (mit Rollenbild); Archiv hl. města Prahy, Prag.
(A. Scherl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 47, 1991), S. 169f.
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