Schlechta von Wschehrd (Wssehrd) (Šlechta ze Všehrd), Ottokar Maria Frh. (1825-1894), Orientalist und Diplomat

Schlechta von Wschehrd (Wssehrd) (Šlechta ze Všehrd) Ottokar Maria Frh., Orientalist und Diplomat. * Wien, 20. 7. 1825; † Wien, 18. 12. 1894. Enkel des Off. Franz X. Vinzenz und Sohn des Schriftstellers und Beamten Franz X. S. v. W. (beide s.d.), Bruder des Vorigen; besuchte in Wien 1834– 41 das Akadem. Gymn., belegte 1840–42 die philosoph. Jgg. an der Univ. und stud. 1841–47 als Stiftling an der Oriental. Akad. War ab 1847 in zeitweiliger Verwendung bei der geheimen Hof- und Staatskanzlei, 1848–60 als Dolmetsch bei der Internuntiatur in Konstantinopel (Istanbul). 1861 wurde er zum w. Legationsrat und zum prov. Dir. der Oriental. Akad. ernannt. In dieser Funktion machte er sich um die Anhebung des Niveaus dieser Anstalt sowie um mannigfache Reformen verdient; z. B. wurden 1867 externe Sprachkurse eingeführt, aus denen 1873 die öff. Lehranstalt für oriental. Sprachen hervorging. S., der 1869 den Titel eines HR erhalten hatte, wurde 1871 zum diplomat. Agenten und Gen.Konsul in Bukarest und zugleich zum Delegierten bei der europ. Donau-Komm. ernannt. 1873 wurde er mit der Vertretung der privaten Ottoman. Eisenbahnen-Unternehmung in der europ. Türkei betraut. Nach dreijährigem Aufenthalt in Konstantinopel wurde er im Min. des Äußern zu verschiedenartigen Tätigkeiten herangezogen, etwa 1878/79 zu Übers.Arbeiten für die Bosn. Komm. oder später zur redaktionellen Duchsicht der administrativen Geschäftsstücke in französ. Sprache. 1886 wurde er mit dem Titel und Charakter eines ao. Gesandten und bevollmächtigten Ministers in den zeitlichen Ruhestand versetzt. S. trat durch zahlreiche Übers, pers. Lyrik, durch wiss. Arbeiten über Völkerrecht sowie über osman. und pers. Geschichte hervor. Er plante eine Fortsetzung von Hammer-Purgstalls (s. d.) zehnbändiger „Geschichte des Osmanischen Reiches“ und sammelte hauptsächlich für diesen Zweck eine große Zahl oriental. Hss., die schließlich in den Besitz der Hofbibl. gelangten. S. war Mitgl. der Ung. Akad. der Wiss. (1865), der Dt. morgenländ. Ges. in Leipzig und Halle, der Société Asiatique in Paris, ab 1851 korr. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien; Träger mehrerer in- und ausländ. Auszeichnungen, wurde er 1880 zum Hofdolmetsch für die oriental. Sprachen ernannt.

W.: Kitāb-i huqūq-i milel (Völkerrecht), 1847, 2. Aufl. 1878; Die osman. Geschichtsschreiber der neueren Zeit, in: Denkschriften Wien, phil.-hist. Kl. 8, 1857; Ber. über drei neue Quellen zur modernen Geschichte des osman. Reiches, ebenda, 8, 1857; Fahnen und Roßschweife bei den Mohammedanern, in: Z. der Dt. morgenländ. Ges. 11, 1857; Fethali Schah und seine Thronrivalen, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 45, 1864; Die Kämpfe zwischen Persien und Russland in Transkaukasien seit 1804–13, ebenda, 46, 1864; Der letzte pers.-russ. Krieg (1826–28), in: Z. der Dt. morgenländ. Ges. 20, 1866; Manuel terminologique Français-Ottoman . . ., 1870; Die Revolutionen in Constantinopel in den Jahren 1807 und 1808, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 100, 1882; Literaturberr. in Sbb. Wien, Z. der Dt. morgenländ. Ges.; usw. Übers. und Bearb.: Der Frühlingsgarten von Mewlana Abdurrahman Dschami. Aus dem Pers. übertragen, 1846; Ibn’ Jemin’s Bruchstücke. Aus dem Pers., 1852, 2. Aufl. 1879; Der Fruchtgarten von Saadi. Aus dem Pers. auszugsweise übertragen, 1852; Compte-rendu d’une découverte importante en fait de numismatique musulmane publié en langue turque par . . . Subhi Bey, ebenda, 17, 1862; Walachei, Moldau, Bessarabien, die Krim, Taman und Asow (in der Mitte des vorigen Jh.), in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl. 40, 1862; La prise d’Alger, racontée par un Algérien, in: Journal Asiatique, Ser. 5, Bd. 19, 1862; Fuad Pascha’s Vater und dessen „Tristia“, 1863; Neue Bruchstücke oriental. Poesie, 1881; Jussuf und Suleicha. Romant. Heldenged. von Firdussi. Aus dem Pers . . . .,1889; Moral-Phil. des Morgenlandes aus pers. Dichtern erläutert, 1892; usw.
L.: Fremden-Bl., N. Fr. Pr. und Wr. Ztg. vom 19. 12. 1894 (alle Abendausg.); Almanach Wien 45, 1895, S. 240f.; Bittner V/4, S. 125f.; Giebisch-Gugitz; Kosch, Kath. Deutschland; Otto; Wurzbach; Die k. u. k. Konsular-Akad. von 1754–1904,1904, S. 26ff.; K. Adel, Geist und Wirklichkeit, (1967), s. Reg.; Österr. und die Osmanen, Wien 1983, S. 234f. (Kat.); Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien.
(E. Petritsch)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 47, 1991), S. 175
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