Schlesinger, Wilhelm (1839-1896), Gynäkologe

Schlesinger Wilhelm, Gynäkologe. Geb. Tinnye, Kom. Pest (Ungarn), 5. 2. 1839; gest. Vöslau (Bad Vöslau, NÖ), 19. 6. 1896. Sohn eines Privatiers, mos.; stud. ab 1859 Med. an der Univ. Pest (Budapest), ab 1860 an der Univ. Wien, u. a. bei J. Hyrtl, E. W. v. Brücke (beide s. d.) und Salomon Stricker, 1864 Dr. med.; wandte sich dann der Frauenheilkde. zu, habil. sich 1874 für Gynäkol. an der Univ. Wien, führte daneben eine Praxis und leitete ab 1887 das auf seine Initiative hin durch den Ver. Charité gegründete Frauenkrankeninst. in Wien IX. Er befaßte sich vorerst mit gynäkolog. Untersuchungen, bes. mit den Bewegungsvorgängen des Uterus, widmete sich dann aber mehr allg. Standesfragen und der medizin. Publizistik. Schon in jungen Jahren journalist., u. a. bei der Ztg. „Der Wanderer“, tätig, gründete er 1878 die „Wiener Medizinischen Blätter“, mit denen er bei den prakt. Ärzten das Interesse für theoret. Fragestellungen wecken, die Fortschritte der Med. bekannt machen und Mißstände wiss. oder sozialer Art aufzeigen wollte. Letzteres brachte ihn in Gegensatz zu den offiziellen Kreisen und verhinderte seine weitere akadem. Karriere. Bes. vehement bekämpfte er, auch in Tagesbll., jegliche Form von Scharlatanerie, befaßte sich daher intensiv mit Spiritismus sowie Mesmerismus und legte eine umfangreiche Smlg. einschlägiger Literatur an. S., der 1867 Napoleon III. bei dessen Aufenthalt in Salzburg wegen eines Steinleidens behandelt hatte, machte sich zwar um die Interessen seines Standes verdient, fand aber seiner krit. und polem. Wesensart wegen nicht die entsprechende Anerkennung.

W.: Die Prostitution in Wien und Paris, 1868; Experimentelle Untersuchungen über Uterusbewegungen, gem. mit L. Oser, in: Medizin. Jbb., 1872, auch selbständig; Ueber Reflexbewegungen des Uterus, ebenda, 1873; Beitrr. für Ztg., u. a. N. Fr. Pr., usw. Hrsg.: Wr. Medizin. Bll. 1ff., 1878ff. Red.: Mitth. des aerztlichen Ver. in Wien 1, 1872.
L.: N. Fr. Pr. vom 19. 6. 1896 (Abendausg.); B. Beer, in: Wr. Medizin. Bll. 19, 1896, S. 403f., 412; Wr. Medizin. Presse 37, 1896, Sp. 849; Medicin.-Chirurg. Central-Bl. 31, 1896, S. 361; Ms. für Geburtshülfe und Gynäkol. 4, 1896, S. 187; Biograph. Jb. 1, 1897, S. 160, 3, 1900, Sp. 127 (Totenliste); Eisenberg, 1893, Bd 2; Hirsch; Jew. Enc.; Kürschner, 1896; Lesky, S. 470; Pagel; Szinnyei; Wininger; Wurzbach; Geschichte der Geburtshilfe in Wien, hrsg. von I. Fischer, 1909, s. Reg., bes. S. 400f.
(F. Slezak)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 200
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