Schmer, Josefine (1842-1904), Volkssängerin und Tänzerin

Schmer Josefine, Volkssängerin und Tänzerin. Geb. Wien, 8. 2. 1842; gest. ebenda, 28. 12. 1904. Tochter eines Buchhalters und einer Ballettänzerin; von dieser ausgebildet, stand sie angeblich schon mit sieben Jahren auf der Bühne. Ab 1859 ist S. als Tänzerin am Wr. Theater i. d. Josefstadt nachweisbar. 1864–65 Solotänzerin am Theater a. d. Wien, war sie 1865–66 als Tänzerin an den unter der Dion. Fürsts (s. d.) stehenden Theatern (Theater i. d. Josefstadt, Thaliatheater, Singspielhalle im Wr. Prater) engagiert; danach war S. bis 1867 Ballettmeisterin am Josefstädter Theater, bis 1868 am Harmonietheater. S. hatte bei dem Komponisten und Kapellmeister Anton Michael Storch Gesangunterricht erhalten und vollzog nun den endgültigen Übergang zur Volkssängerin, nachdem sie dieses Genre schon bei Fürst kennengelernt hatte. Sie debüt. mit sehr großem Erfolg in Pest (Budapest) im Varieté Neumann; noch 1868 kam sie wieder nach Wien. In der Folge Angehörige verschiedener Wr. Volkssängerges. (u. a. Kwapil, Kampf, beide s. d.), gründete S. 1870 eine eigene, aus zwölf Personen bestehende Ges., 1892 erhielt sie eine eigene Konzession. Im selben Jahr erlitt sie jedoch einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht mehr vollständig erholte. S. wird als ausgezeichnete Jodlerin (mit ihrer Partnerin, „Frl. Wilma“) mit klangvollem und kräftigem Sopran geschildert, ihr bes. Talent bestand jedoch darin, männliche Volkstypen – sie trat stets nur in Männerkleidung auf – darzustellen. Schon während dieser Zeit bei Fürst hatte sie dessen Rollen so genau kopiert, daß sie den Beinamen „der weibliche Fürst“ erhielt. Bes. bekannt wurde sie als „Wiener Fiaker“, den sie schon in Pest kreiert hatte, als „Wiener Bitz“ und mit ihrem Couplet „Aber außi möcht i gehn!“. Die von ihr, der „Reformatorin des Vierzeiligen“, gesungenen Texte unterscheiden sich durch ihre Dezenz deutlich von denen zeitgenöss. Konkurrentinnen.

L.: Illustrirtes Wr. Extrabl. vom 22. 12. 1893, 11. 11. 1900 (mit Bild), 15. 6. 1902, 15. 11. 1903, 28. (Abendausg., mit Bild) und 29. 12. 1904 (mit Bild); Fremden-Bl. vom 15. 6. 1902; Wr. Bilder vom 4. 1. 1905 (mit Bild); Dt. Bühnen-Almanach 24–32, 1860–68; Wr. Volksleben, hrsg. von F. Ullmayer, 5–8, 1873, S. 59ff.; F. Schlögl, Wr. Blut ( = ders., Ges. Schriften 1), (1893), S. 197ff.; J. Koller, Das Wr. Volkssängertum in alter und neuer Zeit, (1931), s. Reg. (mit Bildern, S. 83); H. Hauenstein, Chronik des Wr. Liedes, (1976), S. 112, 114f.; H. Hacker, Frauen und Freundinnen ( = Ergebnisse der Frauenforschung 12), 1987, S. 146; Mitt. E. Fleissner-Moebius und N. Lackner (†), beide Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 233
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