Schneeberger, Franz Julius; Ps. Arthur Storch (1827-1892), Freimaurer, Schriftsteller und Techniker

Schneeberger Franz Julius, Ps. Arthur Storch, Freimaurer, Schriftsteller und Techniker. Geb. Wien, 7. 9. 1827; gest. Graz (Stmk.), 25. 7. 1892. Sohn eines Off.; mos., dann evang. AB. Er besuchte 1837–1843 das Wr. Piaristen-bzw. das Akadem. Gymn., begann die philosoph. Jgg. an der Univ. und stud. 1847/48 am Polytechn. Inst. Während der Wr. Revolution von 1848 sehr aktiv (u. a. Hrsg. der „Deutschen Debatten-Zeitung“), wurde S. 1850 amnestiert, trat in den Dienst der k. k. Telegraphen-Anstalt (zunächst in Italien, ab 1854 in Dalmatien) und war zuletzt dirigierender Telegraphening. 1860–66 Ing. bei der Südbahn-Ges. im Telegraphendienst (Ungarn, Nordtirol), widmete er sich in der Folge in Wien der schon früh begonnenen Schriftstellerei, in der er häufig billigste Kolportage mit hist. und kulturhist. belehrenden Elementen und Exkursen verband. Seine „Lehr-Romane“, teils im Ambiente des 18. Jh., teils in seiner Gegenwart angesiedelt, erschienen, mit effektvollen Szenenbildern illustriert, in Lfg. und erreichten hohe Auflagenziffern; unverkennbar ist in ihnen die freimaurer. Tendenz. S. trat 1868 der von Ludwig Lewis gegründeten Loge „Zur Einigkeit im Vaterlande“ in Pest (Budapest) bei (1869 Meister vom Stuhl) und versuchte mit Lewis im selben Jahr eine Logengründung in Cisleithanien. Die behördl. Ablehnung führte durch die Initiative S. s zum Modell für jenes Provisorium, das die Freimaurerei in der Monarchie bis 1918 bestimmen sollte: S. gründete 1869 in Wien den „Unpolitischen Verein, Humanitas’“, der ausschließl. aus Freimaurern bestand, aber keine rituellen Arbeiten durchführte. Für diese war zunächst die auf ung. Territorium befindl. Loge „Zur Verbrüderung“ in Ödenburg (Sopron), der auch S. angehörte, dann die 1871 von dieser aus gegründete Loge „Humanitas“ in Lajtaszentmiklós (Neudörfl, Bgld.) bestimmt, die erste der sog. „Grenzlogen“. S. war 1871–74 Meister vom Stuhl dieser sehr aktiven und mitgliederstarken Loge, wurde allerdings wegen autoritärer und bürokrat. Führung auch angefeindet. Ab 1875 war er Meister vom Stuhl der Loge „Eintracht“ in Neudörfl. S. s maurer. Artikel erschienen u. a. in der von ihm 1871 begründeten und 1873–75 auch hrsg. Z. „Der Zirkel“. Er könnte allerdings auch, vielleicht im guten Glauben, Informant der Behörden gewesen sein. Sein Name ist weiters mit der Gründung (1873) des vorbildl. „Ersten Österreichischen Kinderasyls Humanitas“ in Kahlenbergerdorf (Wien XIX.), das, von der „Humanitas“ finanziert, bis 1931 bestand, und mit dem Projekt einer „Wiener-Neustädter Tiefquellen-Wasserleitung“ nach Wien verbunden.

W.: Banditen im Frack. Polit.-socialer Roman, 3 Bde. ( = Cyclus hist.romant. Schilderungen aus Oesterr. neuester Geschichte 4–6), 1867; Mexiko . . ., 4 Bde. ( = ebenda, 7–10), 1868, auch tschech.; Die Geheimnisvollen oder Freimaurer und Jesuit. Roman, 4 Bde., 1869; Ein Kind des Volkes oder Der Arbeiterkönig. Polit.-socialer Roman, 3 Bde., 1869; Die Katakomben von Wien, 4 Bde., 1870; Zu Hilfe den Findelkindern!, 1872; Himmel und Hölle! Volksdrama, 1875; Die Königsmörder. Hist. Roman, 3 Bde., 1876; Das Ende der Wassernoth, 1883; usw.
L.: N. Fr. Pr. vom 27. 7. 1892; Allg. österr. Freimaurer-Ztg. 1, 1874, S. 34ff., 6, 1879, S. 153ff.; Das freisinnige Inland 1, 1889, S. 41f. (mit Bild); Der Zirkel 22, 1892, S. 63; R. Hubert –f. Zörrer, in: Quatuor Coronati 20, (1983), S. 147ff.; Brümmer; Eisenberg, 1893. Bd. 1; Nagl–Zeidler–Castle 3, S. 276f.; Geschichte des nichtpolit. Ver. Humanitas in Wien und der Loge gleichen Namens zu Neudörfl a. d. L., 1882, passim; J. Goldenberg. Mit dem Winkelmasse, 1883, S. 119ff.; J. Stern – S. Ehrlich, Journalisten- und Schriftsteller-Ver. „ Concordia“. 1859–1909, 1909, S. 179; Bibliographie der freimaurer. Literatur, hrsg. von A. Wolfstieg, 1913, s. Reg., Erg.Bd. 1, 1926, s. Reg.; E. Lennhoff – O. Posner, Internationales Freimaurerlex., 1932; H. Obrecht, Der Kampf um die staatl. Anerkennung der Freimaurerei in Österr . . . ., phil. Diss. Wien, 1950, ab S. 95 passim; Verbotene Freimaurerei 1848–1918, Österr. Freimaurermus. Schloß Rosenau bei Zwettl 1978, S. 6f. 15 (Kat.); Zirkel und Winkelmaß, Hist. Mus. der Stadt Wien, 1984, S. 32ff., 117 (Kat.); J. Sura, Zur Geschichte der Freimaurerei in Österr. insbes. zur „Grenzlogenzeit“, Diplomarbeit, Univ. Wien, 1989, S. 26ff., 47 ff; Archiv der Techn. Univ., UA, beide Wien.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 361f.
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