Schneller, Joseph von (1814-1885), Mediziner

Schneller Joseph von, Mediziner. Geb. Wien, 9. 5. 1814; gest. ebenda, 20. 12. 1885. Sohn eines Großhandlungsdir. Stud. ab 1834 Med. an der Univ. Wien, 1840 Dr. med., 1841 Dr. chir. Ab 1840 Mitgl. des Wr. med. Doctoren-Collegiums, übte er in Wien die ärztl. Praxis aus. 1842 begleitete er Erzhg. Karl Ferdinand nach St. Petersburg, wo er Krankenhäuser und Wohlfahrtseinrichtungen besichtigte, bereiste 1857 in offiziellem Auftrag die Bäder in den Ländern der böhm. Krone sowie Ungarn, 1862 die dt. Staaten, Belgien, England, Frankreich und die Schweiz, 1867 Italien, 1872 die Türkei, Griechenland, Kleinasien sowie Ägypten, 1881 die skandinav. Staaten, 1882 Südfrankreich sowie Spanien und stud. die dortigen sanitären Verhältnisse. Stets auch publizist. tätig, beschäftigte er sich anfangs vorzügl. mit den Wirkungen der Arzneimittel, später mit den Infektionskrankheiten, trat für eine allg. Impfpflicht ein und arbeitete im Auftrag des Obersten Sanitätsrats einen entsprechenden Gesetzesentwurf aus. Daneben widmete er sich auch Fragen der Schulhygiene sowie der Wasserversorgung von Wien. Bes. Verdienste erwarb sich S. um das Wr. med. Doctoren-Collegium, fungierte in dessen Rahmen 1851–53 als Dekan, ab 1857 als Obmann des wiss. Ausschusses, wurde 1861 Präses der Witwen- und Waisen-Societät, 1878 Obmann des Komitees zur Wahrung der Standesinteressen sowie ab 1880 der damals auf seine Initiative hin gegründeten Sektion für öff. Gesundheitspflege und gehörte auch zahlreichen anderen Kuratorien an. Durch seine vielfältigen Aktivitäten fand er auch öff. Anerkennung. Schon 1857 Med.Rat, wurde er 1870 in den Obersten Sanitätsrat berufen, von diesem 1876 als Referent über Mineralquellen und Bäder sowie als Delegierter zum Internationalen Statist. Kongreß nach Budapest entsendet und 1879 zum Vizepräs. gewählt. S., 1883 nob., gilt als Wegbereiter für den Ausbau eines modernen öff. Gesundheits- bzw. Sanitätswesens.

W.: Entwurf einer Apotheker-Ordnung für den österr. Kaiserstaat, gem. mit J. v. Würth, 1849; Hist. Darstellung der Entwicklung der med. Fac. zu Wien . . ., 1856; Arzneimittellehre in ihrer Anwendung auf die Krankheiten des kindl. Alters, 1857; Entwurf eines Impfgesetzes . . . sammt Motivenber., in: Allg. Wr. med. Ztg. 18, 1873, auch selbständig; zahlreiche Abhh. in Fachz., bes. in Mitth. des Wr. med. Doctoren-Collegiums; usw.
L.: B. Kraus, in: Allg. Wr. med. Ztg. 30, 1885, S. 595f.; Mitth. des Wr. medicin. Doctoren-Collegiums 11, 1885, S. 298ff.; Med.-chirurg. Central-Bl. 20, 1885, S. 621; Wr. Med. Bll. 8, 1885, Sp. 1613; Wr. Med. Presse 26, 1885, Sp. 1649f.; Hirsch.
(F. Hillbrand-Grill)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 50, 1994), S. 397
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