Schober, Franz (Adolf Friedrich) von (1796-1882), Schriftsteller

Schober Franz (Adolf Friedrich) von, Schriftsteller. Geb. Gut Torup, Gmd. Bara (Schweden), 17. 5. 1796; gest. Dresden, Sachsen (Deutschland), 13. 9. 1882. Sohn des 1801 in den Reichsadelsstand erhobenen (Thore) Franz (v.) S. (geb. Wien, 1760; gest. Gut Torup, 8. 2. 1802), der sich 1786 in Wien mit Katharina, geb. Dörf(f)el, verehel., jedoch bereits ab ca. 1780 als Wirtschaftsinsp. des Frh. Alexius v. Stiernblad auf dessen Gut Torup wirkte, wo er bedeutende Verbesserungen einführte. S. wurde 1803–06 am Salzmannschen Inst. in Schnepfenthal (Thüringen) erzogen, besuchte 1807 das Akadem. Gymn. in Wien, 1808–15 das Gymn. des Benediktinerstifts Kremsmünster; den dritten phil. Lehrgang absolv. er 1815 an der Univ. Wien. Ein 1816 begonnenes Jusstud. brach der finanziell abgesicherte S. jedoch im dritten Stud.Jahr ab. Bereits 1815 hatte er Franz Schubert kennengelernt und war, selbst dichter. und zeichner. dilettierend (von ihm dürfte die erste Porträtskizze Schuberts stammen), bald integrierender Bestandteil des Freundeskreises um den Komponisten. 1823 ging S. als Schauspieler unter dem Künstlernamen Torupson nach Breslau (Wrocław), wo er mit Karl v. Holtei, Karl Schall u. a. in freundschaftl. Verkehr stand, kehrte jedoch nach zwei Jahren wieder nach Wien zurück, um hier sein gesellschaftl. Leben im Kreis der Schubertfreunde wieder aufzunehmen. S. erwarb das von Adolf Gf. Pötting und Persing 1817 gegründete Lithograph. Inst., das er jedoch, obwohl er u. a. seinen Freund Moritz v. Schwind und Danhauser (s. d.) als Mitarbeiter gewinnen konnte, nach einigen Jahren wieder verkaufen mußte. Er führte in der Folge ein unstetes Wanderleben, das ihn u. a. nach Pest (Budapest) in die Familie des Gf. Leo Festetics, zu Schwind nach München (1831), zeitweise wieder nach Wien und NÖ (als Verwalter des bei Tulln gelegenen Familienguts Chorherrn, das jedoch bald nach dem Tod der Mutter, 1833, verkauft wurde), darauf wieder nach Ungarn führte. Als Begleiter Liszts (s. d.) bereiste er Europa; 1843 ließ er sich in Weimar nieder (Legationsrat), wo er Schwind den Auftrag zur maler. Ausschmückung der Wartburg vermitteln konnte. 1856 zog S. nach Dresden und heiratete die Jugendschriftstellerin Thekla v. Gumpert, von der er sich allerdings nach vier Jahren wieder trennte, darauf lebte er in Pest, 1869–74 in München und zuletzt wieder in Dresden (mit häufigen Aufenthalten in Ungarn und Graz). S.s literar. Bedeutung beruht mehr auf seiner zeitweiligen Vermittlerrolle als Veranstalter von Leseabenden und als Anreger zur Vertonung mehrerer seiner Ged. als auf diesen selbst. Die das lyr. Œuvre prägende Zyklenbildung trägt einerseits einer auffälligen Neigung nachgoethescher Literaten, zugleich aber auch den epochenspezif. Publ.Formen – als Albumbll., in Taschenbüchern oder Almanachen – Rechnung. Die stereotype Motivik (Jahreszeiten, Mondnacht, See, Gebirge, Jäger, Liebe, Grab usw.) umreißt allerdings nicht nur den zeittyp. literar. Geschmackshorizont, sondern legt zugleich auch die assoziative themat. Verknüpfung mit Werken der Malerei und Musik nahe. S.s künstler. Dilemma zeigen exemplar. seine „Schattenrisse“, ein Sonettenzyklus auf bekannte Literaten aus seiner Lebensperiode: Die teils auf persönl. Leseerlebnisse, teils auf zeitgenöss. Werturteile gegründete Skizzierung der Autoren gerät aus heutiger Sicht gerade immer dort, wo sie die traditionelle Topik des Lobged. verläßt, durch eine verkrampft originelle Stilisierung in die Nähe der unfreiwilligen Karikatur. Bleibende Bedeutung hat S. jedoch durch seine persönl. Verknüpfung mit Schubert erlangt, die über den gesellschaftl. Verkehr (Schubertiaden, Ausflüge nach Schloß Atzenbrugg, das von S.s Onkel verwaltet wurde, usw.) weit hinausging. Während sein charakterl. Einfluß auf Schubert, der längere Zeit bei S. wohnte, vereinzelt hinterfragt wird, wirkten seine profunden Kenntnisse auf dem Gebiet der zeitgenöss. Literatur überaus befruchtend: Schubert verdankte ihm u. a. die für sein Liedschaffen so bedeutsame Kenntnis der Texte von Wilhelm Müller und Heine. Er komponierte auch eine Reihe von Liedern auf Ged. S.s, darunter „An die Musik“. 1821/22 entstand die Oper „Alfonso und Estrella“ aus der engen Zusammenarbeit der beiden Freunde. S. war es auch, der Schubert die Bekanntschaft mit dem Hofopernsänger Johann Michael Vogl vermittelte, der zu einem der wichtigsten Verbreiter von Schuberts Liedschaffen wurde.

W.: Palingenesien aus den hll. Büchern des Alten Bundes, 1826; Ged., 1842, 2. Aufl. 1865 (von verschiedenen Komponisten vertont); Briefe über F. Liszts Aufenthalt in Ungarn, 1843 (anonym); usw.
L.: Allg. Ztg. vom 22. 9. 1882 (Beilage); R. Kruse, in: Velhagen und Klasings Monatshe. 37, 1923, H. 7, S. 88ff. (mit Bildern); R. Steblin, in: 19th-Century Music 17, 1993, S. 5ff.; ADB; Goedeke, s. Reg.; Hall–Renner, Nachlässe; Thieme–Becker; Wurzbach; F. Liszt’s Briefe, ges. und hrsg. von La Mara, 2. Aufl., bes. Bd. 1, 1893, s. Reg. (in Bd. 2); A. Weiß, F. v. S., 1907; F. Schubert. Briefe und Schriften, 4. Ausg., hrsg. von O. E. Deutsch ( = Orpheus Bücher 8), (1954), s. Reg.; F. Schubert. Die Dokumente seines Lebens, hrsg. von O. E. Deutsch ( = F. Schubert. Neue Ausg. sämtl. Werke, Ser. VIII, Bd. 5), 1964, s. Reg.; F. Schubert. Die Erinnerungen seiner Freunde, hrsg. von O. E. Deutsch, 1966, s. Reg.; Svenskt konstnärs lex. 5, 1967 (mit Bild); F. Schubert. Die Texte seiner einstimmig komponierten Lieder und ihre Dichter, hrsg. von M. und L. Schochow, 2, 1974, S. 595ff.; F. Schubert. Ausst. der Wr. Stadt- und Landesbibl. . . ., Wien (1978), s. Reg. (mit Bildern) (Kat.); O. E. Deutsch, F. Schubert. Verzeichnis seiner Werke in chronolog. Folge ( = F. Schubert. Neue Ausg. sämtl. Werke, Ser. VIII, Bd. 4), 1978, s. Reg.; H. Zeman, in: Schubert-Kongreß 1978. Ber., hrsg. von O. Brusatti, 1979, S. 291ff., 296. 301f.; A. Walker, F. Liszt 1, (1983), s. Reg.; D. E. Gramit, The intellectual and aesthetic tenets of F. Schubert’s circle, phil. Diss. Duke Univ., Durham, N. C., USA, 1987, bes. S. 142ff., 209f., 269f., 376ff.; E. Hilmar, Schubert, (1989), s. Reg. (mit Bildern); M. Placek, Die Gestalt F. Schuberts in der dt. und österr. Literatur des 19. Jh. (1828–98), DA, Inst. für Germanistik, Univ. Wien, 1991; Literatur Lex., hrsg. von W. Killy, 10, (1991); M. v. Schwind, Briefe, hrsg. und erläutert von O. Stoessl, o. J., s. Reg.; UA Wien; Dompfarramt Dresden, Deutschland; Mitt. Svenskt biografiskt lex., Stockholm, Schweden. – (Thore) Franz (v.) S.: AVA, Pfarrarchive St. Maria Rotunda (Dominikaner) und St. Stephan, alle Wien; Mitt. Svenskt biografiskt lex.
(E. Lebensaft – R. Pichl – H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 50, 1994), S. 420f.
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