Schoeller, Johann Christian (1782-1851), Maler und Zeichner

Schoeller Johann Christian, Maler und Zeichner. Geb. Rappoltsweiler, Elsaß (Ribeauvillé, Frankreich), 4. 12. 1782; gest. Wien, 10. 11. 1851. Sohn eines Sattlers und späteren Ratsherrn aus Sachsen; evang. AB. S., der schon als Kind eine bes. Vorliebe für Zeichnen und Malen zeigte, war vorerst als Buchhalter eines kaufmänn. Unternehmens in Augsburg tätig. Nach der Auflösung der Fa. in den Kriegswirren von 1809 begann er an der Münchner Akad. der bildenden Künste unter Caspar Gerhard Klotz sein Stud. (nicht nachweisbar); Werke der niederländ. und italien. Schule in der Münchner Galerie wurden für ihn zu entscheidenden Stud.Objekten. In der Folge besuchte er Zürich, Bern, Lausanne und Genf, wo ihm die Miniaturmaler Louis Ami Arlaud und Pierre Louis Bouvier Vorbild wurden. Anregend für sein Schaffen waren die Miniaturen der Ausst. in Paris von 1812. Mit zahlreichen Kopien reiste S. darauf in die Provence, nach Burgund und wieder in seine Heimat; 1813 weilte er in Mainz, wo er K. Napoleon porträtierte. 1815 kam er, angeregt durch den Wr. Kongreß und in der Hoffnung auf einen finanzkräftigen Kundenstock, nach Wien; hier entstanden in der Folge Bildnisminiaturen von Adeligen und wohlhabenden Bürgern. Von einigen Stud.Reisen nach Italien und Frankreich abgesehen, blieb S. fortan in Wien. 1820, 1822 und 1826 stellte er in den Wr. Kunstausst. der Akad. der bildenden Künste bei St. Anna Miniaturen aus. Knapp vor 1826 muß die geschäftl. Verbindung mit Bäuerle (s. d.) entstanden sein, die bis 1841 anhielt. In dieser Zeit entwarf S. Hunderte von Illustrationen (Aquarelle, Vorlagen für Kupferstiche) für Bäuerles „Wiener Allgemeine Theaterzeitung“ sowie dessen Serien, „Gallerie drolliger und interessanter Scenen der Wiener Bühnen“, „Theatralische Bilder-Gallerie“, usw. Nach seinem Ausscheiden aus der Theaterztg. lebte S. von Gelegenheitsarbeiten; in diesen Werken porträtierte er immer wieder Nestroy (s. d.). Der letzte Höhepunkt im Schaffen S.s war das Jahr 1848: Die Revolution inspirierte ihn zu iron. Darstellungen. S. war – schon allein bedingt durch die schlechte Bezahlung – ein ungemein produktiver Künstler. Seine Aquarelle zum Theater, Volksleben und zur Mode Wiens im Biedermeier haben durchwegs eine humorvoll-satir., oft auch eine zeitkrit. Note. S. ist nicht nur der wichtigste, sondern oft der einzige „Bildberichterstatter“ zur Wr. Kulturgeschichte des Vormärz.

W.: Aquarelle in: Hist. Mus. der Stadt Wien, Österr. Theatermus., Akad. der bildenden Künste, Kupferstichkabinett, alle Wien, Theatermus. des Inst. für Theaterwiss. der Univ. Köln, Deutschland.
L.: Wr. Ztg., 16. 11. 1851; Die Presse (Schaufenster), 12. 5. 1978; Bénézit; Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; Wurzbach; L. Hevesi, Oesterr. Kunst im 19. Jh., 1903, S. 100; E. Leisching, Die Bildnis-Miniatur in Oesterr. von 1750 bis 1850, 1907, S. 221f.; Wien 1800–50, Empire und Biedermeier (= 26. Sonderausst. des Hist. Mus. der Stadt Wien), Wien 1969, s. Reg. (Kat.); F. Schobloch, Wr. Theater, Wr. Leben, Wr. Mode in den Bilderfolgen A. Bäuerles (1806–58) (= Jb. der Wr. Ges. für Theaterforschung 18–20), 1974, S. 14ff.; J. Ch. S. Karikatur und Satire in Biedermeier und Vormärz (= 54. Sonderausst. des Hist. Mus. der Stadt Wien), Wien 1978 (Kat., mit tw. Werksverzeichnis); W. Deutschmann, Theatral. Bilder-Gallerie. Wr. Theater in Aquarellen von J. Ch. S. (= Die bibliophilen Taschenbücher 175), (1980); H. Fuchs, Die österr. Bildnisminiatur von den Anfängen bis zur Gegenwart 2, 1982.
(W. Deutschmann)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 22
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