Schönburg-Hartenstein, (Eduard) Alois Fürst von (1858-1944), Feldmarschalleutnant und Minister

Schönburg-Hartenstein (Eduard) Alois Fürst von, General und Minister. Geb. Karlsruhe, Baden (Deutschland), 21. 11. 1858; gest. Hartenstein, Sachsen (Deutschland), 20. 9. 1944. Einer ehemals reichsunmittelbaren Familie entstammend, Enkel von Eduard Fürst v. S.- H. (s. u. dem Vorigen), Sohn des Vorigen, Bruder des Folgenden. Trat nach Besuch der Gymn. der Jesuiten in Kalksburg und der Schotten in Wien sowie der sächs. Kadettenschule in Dresden 1877 in den Dienst des österr. Dragonerrgt. 14, wurde 1878 Lt., 1883 Oblt., 1889 Hptm., 1895 Mjr., 1897 Obstlt. und in die Res. übers., 1901 Obst., 1906 GM der Res., 1909 GM a. D., 1914 FML, 1916 Gen. der Kav. a. D., 1918 Gen. der Kav. im Aktivstand, erhielt im November 1918 Titel und Charakter eines Gen.Obst. und trat noch im selben Jahr i. R. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs meldete er sich zum Kriegsdienst, kam aber nicht mehr zum Einsatz. S. nahm an der Okkupation Bosniens teil, besuchte 1884–86 die Kriegsschule in Wien, stand ab 1886 als Gen.Stabsoff., dann anderwärtig in Verwendung, u. a. 1891–93 im Evidenzbüro. Anschließend für zwei Jahre dem Dragonerrgt. 2 zugeteilt, kam er, inzwischen zum Flügeladj. des K. ernannt, 1895 als Militärbevollmächtigter nach Berlin, wo er dank persönl. Beziehungen über bes. gute Informationsquellen verfügte. Nach dem Tod des Vaters 1897 mit der Verwaltung der Familiengüter befaßt, führte er im Ersten Weltkrieg verschiedene Kmdo., nahm an den Schlachten von Lemberg (L’viv), Przemyšl, Limanowa-Lapanow sowie den Karpatenkämpfen teil, übernahm 1915 die Gruppe „Schönburg“. Im Herbst 1915 an den italien. Kriegsschauplatz überstellt, kämpfte er vorerst im Isonzogebiet und wurde im März 1916 an die Südtirolfront verlegt. 1917 konnte er in der 11. Isonzoschlacht durch überlegt getroffene Maßnahmen und persönl. Einsatz den strateg. wichtigen Monte San Gabriele behaupten und damit den Verlauf der 11. und den siegreichen Ausgang der 12. Isonzoschlacht sichern. 1918 Gen.Insp. der Hinterlandstruppen, kehrte er schon im Frühjahr zur Truppe zurück und wurde an der Piave verwundet. S. war ab 1897 Mitgl., 1903–18 Vizepräs. des Herrenhauses sowie Obmann der sog. Mittelpartei, griff auch in polit. Belange ein und trat u. a. gegen das allg. Wahlrecht auf. Zu Beginn des Jahres 1918 als Min.Präs. eines Min. „der starken Hand“ vorgesehen, war er auch im Oktober/November desselben Jahres Gegenstand ähnl., aber nicht realisierter Überlegungen. Nach Kriegsende beschränkte er sich wieder auf die Verwaltung seiner Güter und übernahm trotz wiederholter Angebote seitens der Heimwehr vorerst keine polit. Aufgaben, jedoch 1933 das ihm von Dollfuß (s. d.) angebotene und im März 1934 in ein Min. umgewandelte Staatssekretariat für Landesverteidigung, wobei er die polit. Einflüsse innerhalb des Heeres abbauen wollte. Schon im Juli 1934 legte er aber wegen des Einsatzes des Bundesheeres während der Februarereignisse und der damit verbundenen Schlüsselrolle in diesem innenpolit. Konflikt sowie wegen des sich in der Folgezeit verschärfenden Gegensatzes zwischen Heer und Heimwehren seine Funktion zurück. Noch im selben Jahr erhielt er als Vertreter der Wehrmacht die Berufung in den Staatsrat, dem er bis 1936 angehörte. Daneben widmete sich S., bes. zwischen seinen beiden Militärdienstzeiten und während des Ruhestandes, karitativen und Ver.Angelegenheiten. So fungierte er 1899–1913 als Präs. der Österr. Ges. vom Roten Kreuz, die unter seiner Leitung einen eigenen Friedensfonds schuf, mit dem Min. des Inneren Vereinbarungen über die Unterstützung des zivilen staatl. Sanitätsdienstes traf und 1913 eine Krankenpflegeschule errichtete. Nach Kriegsende widmete er sich dem Aufbau der Kameradschaftsverbände, war ab 1926 Präs. des Reichskameradschafts- und Kriegerbundes sowie Vizepräs., ab 1933 Präs. der Vereinigung kath. Edelleute. 1936 wurde S., der auch der Verwaltung der Versicherungsges. „Phönix“ angehörte, gleich anderen unredl. Geldgeschäfte bezichtigt und legte, obwohl in zwei Verfahren freigesprochen, sein Staatsratsmandat zurück. Ab 1887 war er mit der Sternkreuzordens- und Hofdame Kn. Elisabeths, Johanna Maria Theresia N. Gfn. Colloredo-Mannsfeld (geb. Dobřisch, Böhmen/Dobříš, Tschechien, 27. 7. 1867; gest. Brünn, Mähren/Brno, Tschechien, 26. 8. 1938), verheiratet. Von seinen Enkeln verlor er fünf, darunter den Erbprinzen, im Zuge des Zweiten Weltkriegs. S. erfuhr zahlreiche Ehrungen, u. a. 1883 Kämmerer, 1899 Geh. Rat, erhielt 1903 den Orden vom Goldenen Vließ und gehört zu den höchstdekorierten Off. des Ersten Weltkriegs. 1927 bekam er für seine Verdienste an der Isonzofront das Kommandeurkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens verliehen. Polit. trat er stets, bes. im Staatsrat, für die Aufhebung der Habsburgergesetze ein und lehnte die Verpolitisierung des Heeres ab. S. repräsentierte die altösterr. Militärtradition und zählt zu den markantesten Truppenführern der Monarchie.

W.: Heeresbefehl, in: NWT, 23. 9. 1933; Abschiedsbefehl, in: Österr. Wehrztg., 20. 7. 1934; Briefe, in: Briefe und Dokumente zur Geschichte der österr.-ung. Monarchie 2, hrsg. von E. Rutkowski (= Veröff. des Collegium Carolinum 51/2), 1991; Erinnerungen, 1933–42, Manuskript, KA Wien; usw.
L.: NWT, 20. 1. 1929; Neue Wr. Tagesztg., 20. 9. 1944; Hofmann–Hubka, S. 53ff. (mit Bild); Jb. der Wr. Ges., 1929; Kosch, Staatshdb.; H. Heller, Mährens Männer der Gegenwart 1, 2. Aufl. 1912; Das Rote Kreuz 40, 1914, S. 1ff.; Unsere Heerführer 2, hrsg. von A. Veltzé (= Donauland-Bücherei 3), 1918, S. 63ff. (mit Bild);Österr. Wehrztg., 16. 11. 1928 und 17. 11. 1933; Gedenkschrift. Hrsg. anläßl. des 50jährigen Bestandes der Österr. Ges. vom Roten Kreuze 1880–1930, 1930, S. 6f. (mit Bild); Österr.-Ungarns letzter Krieg 1914–18, 1–7, 1931–38, s. Reg.; Der Österreicher, 15. 5. 1936; C. Frh. v. Bardolff, Soldat im alten Österr., (1938), S. 295ff.; L. Jedlicka, Ein Heer im Schatten der Parteien, 1955, s. Reg., bes. S. 108f. (mit Bild); E. Holub, Fürst A. S.-H., phil. Diss. Wien, 1964 (mit Bild); Ch. Führ, Das k. u. k. Armeeoberkmdo. und die Innenpolitik in Österr. 1914–17 (= Stud. zur Geschichte der Österr.-ung. Monarchie 7), 1968, S. 71, 168; H. Adolph-Auffenberg-Komarow, in: Der Soldat, 21. 9. 1969; E. Glaise v. Horstenau, Ein Gen. im Zwielicht. Die Erinnerungen … 1–2, hrsg. von P. Broucek (= Veröff. der Komm. für Neuere Geschichte Österr. 67, 70), 1980–83, s. Reg., bes. 1, S. 308ff.; K. Karl, Persönl. Aufzeichnungen, Zeugnisse und Dokumente, hrsg. von E. Feigl, (1984), S. 223f.; W. Wiltschegg, Die Heimwehr, 1985, s. Reg., bes. S. 361ff.; H. Löwenfeld-Russ, Im Kampf gegen den Hunger, hrsg. von I. Ackerl (= Stud. und Quellen zur österr. Zeitgeschichte 6), 1986, s. Reg.; M. Pewny, Der Phönix-Krach von 1936, DA Wirtschaftsuniv. Wien, 1987, S. 132; G. Enderle-Burcel, Christl.-ständ.-autoritär. Mandatare im Ständestaat 1934–38, 1991, s. Reg., bes. S. 210 ff. (mit Bild); I. Ackerl – F. Weissensteiner,Österr. Personenlex., 1992; M. Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, 2. Aufl. 1994, s. Reg.; AdR, AVA, KA, alle Wien.
(E. Wohlgemuth)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 51, 1995), S. 61f.
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