Scholl (Schull), (Johann) Georg (1751-1831), Gärtner und Forschungsreisender

Scholl (Schull) (Johann) Georg, Gärtner und Forschungsreisender. Geb. Weilbach, Erzstift Mainz (Deutschland), 24. 10. 1751; gest. Wien, 17. 5. 1831. Sohn eines Kleinbauern. 1785 in Wien als Hofgärtnergeselle in k. Dienste getreten, fand er vorerst im Botan. Garten von Schönbrunn sowie der Menagerie Verwendung, wurde aber noch im selben Jahr auf Vorschlag und Empfehlung des Hofgärtners Richard van der Schots der von Joseph II. nach dem Kap der guten Hoffnung und Mauritius entsandten Expedition zugeteilt. Nach der Rückkehr arbeitete er ab 1799 wieder als Hofgärtnergeselle in Schönbrunn, rückte 1802 zum Hofgärtner vor und tat dann Dienst im Belvedere. S. brach als Begleiter des Hofgärtners Boos (s. d.) mit dem Auftrag, neue Pflanzen zur Kultivierung im Schönbrunner Garten und auch verschiedene exot. Tierarten mitzubringen, 1785 von Wien auf. 1786 im Kapland angelangt, begann S. zu sammeln, während Boos nach Mauritius weiterreiste und nach der Rückkehr von dort 1788 den ersten Teil des gem. Sammelgutes nach Wien brachte. S. sollte ihm nur etwas später mit den übrigen Stücken folgen, mußte jedoch unfreiwillig weitere elf Jahre im Kapland verbringen. Er nützte den Aufenthalt, um im Gegensatz zu früheren Forschern weit in das Landesinnere vorzudringen und eine entsprechend reiche Ausbeute zusammenzutragen. Immer wieder gelang es ihm in diesen Jahren, Sammelgut nach Wien zu senden, so neben Pflanzen Fell und Skelett einer Giraffe, einer bis dahin in Österr. nur aus Abb. bekannten Tierart. Neben lebenden Stücken trug er auch ein umfangreiches Herbar zusammen, von dem sich noch 859 Belege im Naturhist. Mus. in Wien befinden. In Anerkennung seiner Verdienste um die Botanik benannte J. F. v. Jacquin (s. d.) eine Gattung aus der Familie der Asclepiadaceae nach ihm, doch erwies sich diese Bezeichnung später als Synonym für Hoya R. Brown. Vermutl. stammt von S. auch die südafrikan. Fockea capensis aus der Familie der Seidenpflanzengewächse, die sich, wie daneben nur noch der älteste Ginkgobaum Wiens, in Schönbrunn seit der Zeit Josephs II. am Leben erhalten hat und die bis 1908, als man noch Exemplare am natürl. Standort fand, als einziger überlebender Vertreter ihrer Art gegolten hatte.

L.: Fremden-Bl., 9. 1. 1896; Portheim-Kat.; N. J. Jacquin, Plantarum rariorum horti caesarei Schoenbrunnensis descriptiones et icones 1, 1797, S. Vf.; Die Botan. Anstalten Wiens …, 1894, S. 39f., 55; E. M. Kronfeld, 150 Jahre Schönbrunner Thiergarten (1752–1902), 1902, S. 15; ders., in: Archiv für die Geschichte der Naturwiss. und der Technik 3, 1912, S. 332f.; ders., Park und Garten von Schönbrunn (= Amalthea-Bücherei 35), (1923), S. 85ff., 100ff., 142f.; FS anläßl. des 200jährigen Bestehens der Menagerie zu Wien-Schönbrunn, 1952, S. 22; Ch. Riedl-Dorn, Die grüne Welt der Habsburger (= Veröff. aus dem Naturhist. Mus. in Wien 23), 1989, S. 25ff.; Finanz- und Hofkammerarchiv, Wien.
(F. Hillbrand-Grill – Ch. Riedl-Dorn)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 117
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>