Scholtys, Hans Heinz (Johannes) (1900-1945), Dirigent, Komponist und Sänger

Scholtys Hans Heinz (Johannes), Dirigent, Komponist und Sänger. Geb. Wien, 8. 3. 1900; gest. Enzenbach (Eisbach, Stmk.), 12. 10. 1945. Sohn des Hofrechnungsrates Alois S. 1910–13 Sängerknabe (Sopranist, 1913 auch solist. tätig) der Wr. Hofmusikkapelle, besuchte S., seit 1913 Vollwaise, 1916–18 die Inf.-Kadettenschule in Innsbruck. Nach eigenen Angaben stud. er bei Karl Kriegelstein (Gesang, Violine), Rudolf Dittrich (Orgel, Musiktheorie), Philipp Forstén (Gesang) und Eusebius Mandyczewski (Musiktheorie). Zunächst Eleve, ab 1924 Mitgl. des Wr. Staatsopernchores (1. Bass), war er 1927 auch an der Gründung von dessen Konzertvereinigung beteiligt. In persönl. Kontakt mit dem Komponisten Josef Reiter (s. d.) stehend, war S. ab 1922 als dessen Nachfolger Chormeister des Dt. Volkslied-Ver. in Wien; dort leistete er v. a. in stilist. Hinsicht reformierende erzieher. Arbeit, die dem Ensemble auch das Wr. Repertoire (Strauß, Ziehrer) und den Kunstgesang in allen Formen vom A-Capella-Chor bis zum Oratorium (R. Schumann, „Das Paradies und die Peri“) erschloß und es damit von der Liedertafel zu Auftritten im Konzertsaal führte. Im Rahmen dieser Tätigkeit bearb. er außerdem über 100 Volkslieder, die der Ver. über seine Veranlassung hrsg. Durch den Wr. Musikforscher Leopold Nowak kam S. zur älteren Chormusik und führte diese Literatur im Rahmen von Univ.Konzerten und Radiosendungen auf. Konzerte mit sog. Alter Musik bestritt S. aber auch mit Sängern des Staatsopernchores, so bei den Salzburger Festspielen 1929 und 1931. Ab 1933 gestaltete er im Zusammenhang mit dieser Beschäftigung gem. mit dem seit 1926 (unter wechselnden Namen) bestehenden Wr. Trompeterchor jährl. Serenaden auf Burg Kreuzenstein (NÖ) als bes. Ereignis einer Auff. im Geist des Historismus. 1934 übernahm er die musikal. Leitung dieses zum Großteil aus Wr. Philharmonikern gebildeten Ensembles, das 1939 als Trompeterchor der Stadt Wien neu gegründet wurde und, unter dem maßgebl. Einfluß der nationalsozialist. Gmd.Verwaltung stehend, einen festen Platz innerhalb von deren kulturpolit. Propaganda einnahm. S. bearb. für den Trompeterchor Werke aller Epochen, v. a. aber des 16. Jh., und veranlaßte viele zeitgenöss. Komponisten, u. a. Richard Strauss, im Einklang mit der herrschenden Staatsästhetik diesem Ensemble Werke zur Erweiterung seines Konzertrepertoires zu widmen.

W.: Messe, 1925; 6 Gesänge für eine Singstimme und Klavier, 1926; 8 Gesänge, 1931; Volksliedbearb.; Bearb. von Musik des 15.–17. Jh.; Lieder, 1919–28 (unveröff.); usw.– Nachlaßtle.: Musiksmlg., Österr. Nationalbibl., Archiv der Wr. Philharmoniker, Inst. für Musikgeschichte der Hochschule für Musik und darstellende Kunst, alle Wien.
L.: Müller; „Wer ist Wer“, hrsg. von P. Emődi, 1937; H. Wobisch, in: Die Pause 7, 1942, H. 3, S. 26; F. M. Rebhann, Das braune Glück zu Wien (= Das einsame Gewissen 6), (1973), s. Reg.; ders., Wien war die Schule (= ebenda, 8), (1978), s. Reg.; J. Gmeiner, Verzeichnis der Nachlässe … in der Musiksmlg. der Österr. Nationalbibl., Manuskript, 1992; Dokumente des Musiklebens 1, red. von Ch. Glanz, 1993, passim, 2, red. von A. Mayer-Hirzberg, 1993, passim (mit Bild); HHStA, KA, Archiv des Inst. für Musikgeschichte der Hochschule für Musik und darstellende Kunst, alle Wien.
(C. Szabó-Knotik)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 121f.
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