Scholz, Josef (1835-1916), Mediziner und Numismatiker

Scholz Josef, Mediziner und Numismatiker. Geb. Wagstadt, österr. Schlesien (Bílovec, Tschechien), 12. 3. 1835; gest. Wien, 13. 7. 1916. Sohn eines Rotgerbermeisters. Kam in den 50er Jahren nach Wien, wo er nach der am Theresianum abgelegten Matura ab 1854 an der Univ. Wien Med. stud. 1859 Dr. med. et chir., 1861 Mag. obstet., arbeitete er vorerst als Chirurg an der Klinik Dumreichers (s. d.), 1866 im Kriegsspital Klosterneuburg sowie bei der Nordarmee und kam 1868 als Primarius an das Wr. Allg. Krankenhaus, unterhielt aber auch eine Privatpraxis. Obwohl er neue Lösungen auf dem Gebiet der Gelenkschirurgie sowie der konservativen Behandlung von Gelenksdurchschüssen fand, blieb sein Wirken für ärztl. Standesinteressen sowie als Wr. Gmd.Rat von nachhaltigerer Wirkung. Schon 1872 gründete er als ersten Ver. dieser Art in Österr. den Ärztl. Ver. der südl. Bez. Wiens und war ab 1874 dessen Obmann. 1877 gehörte er dem Gründungskomitee sowie dem mit der Ausarbeitung der Statuten betrauten Geschäftsausschuß des Österr. Ärztever.Verbandes an, fungierte 1878–94 als dessen Vizepräs. und später als Vizepräs. der Wr. Ärztekammer. S. gilt auch als Initiator des Pensionsinst. der Ärzte. Nach erfolglosen Kandidaturen für die Wirtschafts- und Fortschrittspartei gehörte er 1882–95 mit kurzer Unterbrechung als Liberaler dem Wr. Gmd.Rat an. In aggressiven Debattenreden nahm er als Obmann der Sanitätssektion v. a. zu sanitären, verkehrspolit. sowie Fragen des Wahlrechtes Stellung, war aber auch in der Mittelschuldeputation sowie der Finanz- und Assekuranzkomm. tätig. Künstler. begabt, Besitzer einer Privatgalerie und u. a. mit E. J. Schindler, dessen Hausarzt er war, sowie Makart (beide s. d.) befreundet, trat er selbst ab 1868 als den Impressionisten zuzuordnender Landschafts- und Stillebenmaler, v. a. aber als Numismatiker hervor. Schon seit 1888 Mitgl. der Numismat. Ges., wirkte er 1890–99 sowie 1901–16 als deren Vorstandsmitgl. sowie lange als Verwalter der Bibl. Selbst sammelte er antike wie österr. Münzen und publ. darüber mehrere Abhh. Testamentar. vermachte er der Ges. einen größeren Geldbetrag, seine Kollektion von 20-Kreuzer-Münzen dem Wr. Münzkabinett sowie dem Hist. Mus. der Stadt Wien, seine Smlg. antiker Münzen aber der Univ. Wien. An die schillernde Persönlichkeit S.’, der seine vielseitigen Begabungen als erfolgreicher Arzt und Organisator seiner Berufsvertretung, als Maler sowie anerkannter Münzenkundler genützt hatte, erinnern zwei 1905 bzw. 1916 geprägte Medaillen.

W.: Ueber die Honorarfrage der Aerzte, 1874; Ueber Darwinismus, in: Mitth. des Wr. Doctoren-Collegiums 25, 1878, auch selbständig; Kat. der Bibl. der Numismat. Ges., 1896, Neuaufl. 1910; Griech. Münzen, 1899; Fünfundzwanzig Jahre des ärztl. Ver. der südl. Bez. Wiens, 1899; Die österr. Conventions-Zwanziger, in: Numismat. Z. 30, 1899, 31, 1900; Griech. Münzen (= Collection E. Prinz zu Windisch-Grätz 5), 1904; sozialärztl. Abhh. in Wr. Med. Ws.; usw.
L.: N. Fr. Pr., 13. 3., 19. (Abendausg.) und 28. 12. 1905, 19. 12. 1909, 12. 3. 1915, 15. 7. 1916; Wr. Ztg., 14. 7. 1916; Eisenberg, 1893, Bd. 1; Fuchs, Erg.Bd.; Ein halbes Jahrtausend. FS … der Acta facultatis medicae Vindobonensis, red. von H. Adler, 1899, S. 189f.; Der Oesterr. Aerztever.Verband … 1873–1909, 1910, S. 3, 6, 22f., 33, 44; W. Kubitschek, in: Monatsbl. der Numismat. Ges. in Wien 10, 1915/16, S. 145ff.; ders., in: Numismat. Z. 49, 1916, S. 175ff. (mit Bild); Wr. Med. Ws. 66, 1916, Sp. 1174; L. Frey, in: Wr. klin. Ws. 29, 1916, S. 963; B. Koch, Hundert Jahre Numismat. Ges. 1870–1970 (= Numismat. Z., NF 84–85), 1970, s. Reg., bes. S. 141f. (mit Medaillenbild); B. Fiala, Der Wr. Gmd.Rat in den Jahren 1879 bis 1883 …, phil. Diss. Wien, 1974, S. 409ff.; E. Hausner, Die Tätigkeit des Wr. Gmd.Rates in den Jahren 1884–88, phil. Diss. Wien, 1974, S. 316; M. Steffal, Die Tätigkeit des Wr. Gmd.Rates in den Jahren 1889–92, phil. Diss. Wien, 1975, S. 256.
(H. Jungwirth – K. Sablik)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 52, 1997), S. 128f.
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