Schroth (Schrod, Schrodt), Johann (1798-1856), Naturarzt und Bauer

Schroth (Schrod, Schrodt) Johann, Naturarzt und Bauer. Geb. Böhmischdorf, Schlesien (Česká Ves, Tschechien), 11. 2. 1798 (Taufdatum); gest. Niederlindewiese, Schlesien (Lipová-lázně, Tschechien), 26. 3. 1856. Bauernsohn, Vater des Emanuel S. (s. d.). Einer seit 1574 im Amt Freiwaldau (Jeseník) ansässigen, aus Schwaben zugewanderten Familie von Freibauern und Erbschulzen entstammend, kam er nach dem frühen Tod des Vaters (1805) und zweiter Eheschließung der Mutter mit einem Bauern von Niederlindewiese auf dessen Hof. Dort bewährte er sich später als tüchtiger Mitarbeiter, beerbte seinen Stiefvater und betrieb daneben ein Fuhrmannsgeschäft. Aufgrund sich auf Mensch, Tier und Pflanze erstreckender Naturbeobachtung erkannte S., der gem. mit Priessnitz (s. d.) die Stadtschule von Freiwaldau besucht hatte, die Heilwirkung feuchter Wärme, strenger Diät ohne Eiweiß-, Fett- und Salzaufnahme sowie eines period. Flüssigkeitsentzuges. Durch Entwicklung seiner auf einer durchdacht abgestimmten Verbindung dieser drei Faktoren basierenden Kur – der sog. Schrothkur – gelang ihm eine Entschlackung, Entgiftung sowie Entwässerung des Körpers. Aufgrund der an Patienten aus seinem Heimatort und dessen näheren Umgebung erzielten Erfolge eröffnete er 1829 in Niederlindewiese eine kleine Heilanstalt. Schon vorher von den Ärzten angefeindet, traf ihn im Folgejahr das Verbot der Anwendung seiner Kur und erst ein Jahrzehnt später wurde ihm die freie Ausübung seines Heilverfahrens gestattet. 1842 errichtete er dafür das sog. Gründungshaus und durch die erfolgreiche Kur eines russ. Fürsten 1847 sowie die aufsehenerregende Heilung eines württemberg. Prinzen 1849/50 wurde er auch in entfernteren Regionen und hohen Ges.Kreisen bekannt. 1851 verkaufte S. seinen Bauernhof, führte in der Folge seinen Sohn Emanuel S. in sein Heilverfahren ein und zog sich in der Folge selbst immer mehr aus dem Kurbetrieb zurück. An sein Wirken erinnert ein ihm 1870 von den Kurgästen in Niederlindewiese gewidmetes Denkmal sowie ein 1968 errichtetes Standbild im bayer. Oberstaufen. Mit der von ihm entwickelten Kur, deren Wirksamkeit längst auch die Schulmed. anerkennt, schuf er eine Behandlungsweise, die in vielerlei Abwandlungen auch im übrigen Österr., in Deutschland und anderen Ländern Eingang fand und noch immer Anwendung findet. Nach der Vertreibung der Familie S. 1945 gründete ein Urgroßneffe S.s 1950 in Obervellach (Kärnten) ein Kurheim gemäß der Original-Schrothkur.

L.: Neues Österr., 28. 8. 1955; Donau-Ztg., 12. 9. 1980; ADB 54; Hirsch; Oesterr. Schlesien, hrsg. von F. Sláma, 1887, S. 453ff. (mit Bild); Die österr.-ung. Monarchie in Wort und Bild. Mähren und Schlesien, 1897, S. 708ff.; A. Kettner, Ehrenhalle des polit. Bez. Freiwaldau, 1904, S. 202ff.; A. Brauchle, Die Geschichte der Naturheilkde. in Lebensbildern, 2. Aufl. 1951, S. 158ff.; Altvater-Kal. 1960, (1959), S. 90ff. (mit Bild); R. Zuber u. a., Jesenicko …, 1966, S. 233, 237, 318; K. Rathke, Die S.-Kur …, 4. Aufl. 1966 (mit Bild); H. Friemel, Saubsdorf, 1980, S. 272; E. Gröger u. a., Erinnerung an unseren Heimatort. Gruß an Lindewiese, 1981, S. 185ff., 320ff. (mit Bildern); E. Ziebart-Schroth, Die großen Heilerfolge der Original-Schrothkur …, (1956), S. 6ff., 58, 60 (mit Bildern); S. Drechsler, in: Drei Dörfer im Altvaterland …, red. von F. Fochler, 1991, S. 319ff.; J. Sajner – V. Křížek, Der Naturarzt J. S. … (= Interessante Themen aus der Heimatkde. 243), 1992 (mit Bildern), tschech. (= ebenda, 197), 1983 (Faltbl. mit Bildern); R. Hemmerle, Sudetenland-Lex., 4. Aufl. 1992; M. Melzer – J. Schulz u. a., Vlastivěda šumperského okresu …, 1993, S. 149ff., 225, 231, 233; M. Alexander, Geschichte der Naturheilkde., 1993, S. 43ff.; Bibliografie literatury … V. Priessnitz a J. S. (Z fondu vlastivědného muzea v Jeseníku), red. von Z. Brachtl, 1994; J. Hermann, Lindewiese 1945/46, (1995), S. 26ff.; Biografický slovník Slezska a severní Moravy 5, red. von L. Dokoupil, 1996. – Belletrist.: H. Scholz, in: Altvater-Jb. 1971, (1970), S. 29ff.; ders., Zuflucht bei J. S., 1970 (Roman); ders., Erbe und Geheimnis des Naturarztes J. S., 1974 (Roman); ders., in: H. Preußler, Rund um den Altvater, 1984, S. 76ff.
(G. Ludwig)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 256f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>