Schuldes, Julius; Ps. Julius Hettauer (1849-1935), Schriftsteller, Journalist und Beamter

Schuldes Julius, Schriftsteller, Ps.- Julius Hettauer, Journalist und Beamter. Geb. Hettau, Böhmen (Hetov, Tschechien), 2. 3. 1849; gest. Baden (NÖ), 6. 12. 1935. Sohn eines Justitionärs und Verwalters von Schloß Hettau. S. absolv. das Gymn. in Brüx (Most) und Prag sowie den Staatslehrkurs für Telegraphie an der Univ. Prag, trat um 1868 als Telegraphist in den Staatsdienst und wurde zunächst in Karlsbad (Karlovy Vary) und später in Prag verwendet, ehe er, da er sich weigerte, Tschech. zu lernen, 1871 nach Wien und 1873 nach Tetschen (Děčín) versetzt wurde. Dort war er auch als polit. Red. sowie als Theaterreferent beim „Tetschen-Bodenbacher Anzeiger“ (ab 1879 „Tetschen-Bodenbacher Zeitung“) und in der Folge als Korrespondent u. a. der „Deutschen Zeitung Bohemia“ tätig. In dieser Zeit verf. er einige literar. Werke sowie als Ausschußmitgl. des Gebirgsver. für die böhm. Schweiz (1879) einen Tourismusführer über diese Gegend. 1883 wurde S. wieder nach Wien zur Post- und Telegraphendion. versetzt und in weiterer Folge ab 1885 sporad. dem Hoftelegraphenamt in Laxenburg zugeteilt. Ab 1887 war er bei Bedarf Telegraphist des Telegraphenamtes im Jagdschloß Mayerling. Im Jänner 1889 expedierte S. die letzte Depesche Kronprinz Rudolfs (s. d.) an den K. und war nach dem Selbstmord des Thronfolgers bei der Auffindung der Leichen anwesend. 1901 wurde S. def. zum Hoftelegraphenamt in der Hofburg versetzt und 1903 zu dessen Leiter bestellt. 1907 k. Rat. 1910 trat er, nach Beförderung zum Postamtsdir., i. R., blieb aber weiterhin schriftsteller. aktiv. Geprägt vom deutschnationalen Gedankengut, war S. Mitgl. der Wr. und (ab deren Gründung 1898) der Dt.-österr. Schriftsteller-Genossenschaft, deren Ausschuß er angehörte und in deren Organ „Das literarische Deutsch-Oesterreich“ er auch publ.; daneben betätigte er sich weiterhin journalist. In seinen in den 30er Jahren verf. handschriftl. Memoiren „Zeitbilder aus dem Leben eines Unbekannten“, in denen er sich, obwohl nicht zum inneren Kreis des k. Haushalts gehörig, als intimer Kenner aller polit. Überlegungen und Intrigen des Hofes präsentiert, berichtet S. in taktvoller Weise über die Tragödie von Mayerling und widerspricht dabei tw. anderen Darstellungen, etwa jener von Rudolfs Kammerdiener Johann Loschek. S.’ Nachlaß, der neben Familiendokumenten und dem Manuskript seiner Memoiren in erster Linie zahlreiche Entwürfe zu Ged., Balladen, Sagen und Erz. aus Nordböhmen sowie für kulturphil. Betrachtungen („Jenseits von Kant“, „Die großen Lebenslügen“) umfaßt, befindet sich im Archiv (Rollettmus.) der Stadtgmd. Baden.

W.: Taschenbuch für Touristen durch die böhm. Schweiz, 1879; Nordböhm. Volkssagen in ihrer Bedeutung für die german. Mythol. und die Geschichte des Landes, 1879; Iduna, (1883) (Ged.); Er, der Herr des Hauses, in: Das literar. Dt.-Oesterr. 2, 1902, H. 10; Zur Geschichte des Verfalls der lyr. Literatur, ebenda, 4, 1904, H. 4; Zur Geschichte des Verfalls der Literatur, o. J. (ca. 1905); Morgenständchen (Ged.), in: Badener Auslese 1928 (= Badener Bücherei 20/21), (1928); Nach vier Jahrzehnten. Kronprinz Rudolf und seine Gäste in Mayerling, in: Volks-Ztg., 6. 2. 1929; Beitrr. in: Das literar. Dt.-Oesterr. Ms. für Literatur, Theater, Kunst und Politik, 1903ff.; usw.
L.: Badener Ztg., 11. 12. 1935; Brümmer; Eisenberg, 1893, Bd. 2; Giebisch–Gugitz; Hall – Renner, Nachlässe; Kosch; Kosel 1; Renner, Nachlässe; A. Hinrichsen, Das literar. Deutschland, 2. Aufl., 1891; G. Holler, Mayerling. Die Lösung des Rätsels, (1980), s. Reg. (mit Bild und eigenhändigen Skizzen von S.); ders., Mayerling, Neue Dokumente zur Tragödie 100 Jahre danach, (1988), s. Reg. (mit Bild und eigenhändigen Skizzen von S.); HHStA Wien.
(R. Maurer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 313f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>