Schullern zu Schrattenhofen, Hermann von (1861-1931), Nationalökonom

Schullern zu Schrattenhofen Hermann von, Nationalökonom. Geb. Innsbruck (Tirol), 24. 7. 1861; gest. ebenda, 14. 4. 1931. Sohn des Vorigen, Bruder von Heinrich v. S. zu S. (s. u. dem Vorigen). S. stud. 1879–83 an der Univ. Innsbruck Jus, 1884 Dr. jur., und war danach zuerst in der Gerichts-, dann in der Advokaturspraxis in Klagenfurt, Bozen (Bolzano/Bozen) und Innsbruck tätig. Nach einem ersten, gescheiterten Habil.Versuch 1885 erlangte S., der sich unter dem Einfluß von Böhm-Bawerk (s. d.) der „Grenznutzenschule“ zugewandt hatte, 1889 an der Univ. Innsbruck die Venia für Nationalökonomie, die 1892 auf die Univ. Wien übertragen und 1895 auf das Gesamtgebiet der polit. Ökonomie ausgeweitet wurde. Daneben war er 1889/90 auch Vortragender an der Innsbrucker Handelsakad., ab 1890, als Mitarbeiter K. Th. Inamas v. Sternegg (s. d.), Beamter – später Mitgl. – der Statist. Zentralkomm. (die er später auch wiederholt auf internationalen Kongressen vertrat), Vortragender an der Wr. Handelsakad. sowie an der Oriental. Akad. (1898 ao. Prof.), an den Heeresanstalten usw. 1899 als o. Prof. der Rechts- und Staatswiss. an die Techn. Hochschule in Brünn (Brno) berufen, war S. 1901–15 Lehrkanzelinhaber für Volkswirtschaftslehre und Statistik an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, 1903/04 und 1904/05 Rektor, daneben auch Referent des Ackerbaumin. 1904 HR. Ab 1915 war er an der Univ. Innsbruck o. Prof. für Polit. Ökonomie, 1916 Dekan, 1922 Rektor. 1918 übernahm S. die Leitung des Wiederaufbauamts in Görz (Gorizia), legte jedoch nach Rückzug der österr. Truppen sein Amt trotz gegenteiliger Aufforderung der neuen prov. Regierung zurück und betätigte sich in verschiedenen Gremien für seine engere Heimat. So beteiligte sich S. an allen Bestrebungen für den Erhalt eines geeinten Tirols und war auch Vors. der Tiroler Landsmannschaft. Als Vors. (ab 1924) der Tiroler Sektion des Alldt. Verbandes setzte er später seine Hoffnungen auf den Anschluß Österr. an Deutschland. In seiner wiss. Tätigkeit wandte er sich zu Beginn eher theoret. Themen, im Lauf der Zeit zunehmend agrarhist. und agrarpolit. Fragestellungen, u. a. auch die nunmehr italien. Gebiete Österr. betreffend, zu, betrieb aber auch genealog. und familiengeschichtl. Stud.

W.: Untersuchungen über Begriff und Wesen der Grundrente, 1889 (Habil.Schrift); Die theoret. Nationalökonomie Italiens in neuester Zeit, 1891; Über einige Familien des tirol. Beamtenadels, in: Jb. der k. k. herald. Ges. „Adler“, NF 5/6, 1895; Das Kolonat in Görz und Gradisca …, 1908, 2. Aufl. 1909; Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 1911 (Lehrbuch); Bemerkungen zur österr. Vermögenssteuer, 1918; Deutschtirol ein selbständiger Staat?, 1919; Agrarpolitik (= Grundrisse zum Stud. der Nationalökonomie 10), 1924; zahlreiche Abhh. in Sammelwerken, Ztg. und Fachz., wie Statist. Ms., Jbb. für Nationalökonomie und Statistik, Z. für Volkswirtschaft, Socialpolitik und Verwaltung; usw.
L.: Innsbrucker Nachrichten, 13. 6. 1931; Kürschner, Gel.Kal., 1925–28/29; A. Günther, in: Akadem. Jb., 1931/32, S. 52ff.; M. Grass-Cornet, Aus der Geschichte der Nordtiroler Bürgerkultur … (= Forschungen zur Rechts- und Kulturgeschichte 6), 1970, s. Reg.; 100 Jahre Hochschule für Bodenkultur in Wien 1872–1972, 1, 1972, S. 57, 59f., 82, 247; V. Müller, K. Th. v. Inama-Sternegg (= Tiroler Wirtschaftsstud. 31), 1976, s. Reg.; P. Goller, in: Tiroler Heimat 54, 1990, S. 134ff.; UA Innsbruck, Tirol; Mitt. Peter Goller, Innsbruck, und Hans Hochenegg (†), Hall i. Tirol, beide Tirol.
(E. Lebensaft)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 331f.
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