Schuster Friedrich, Industriebetriebsleiter, Funktionär und Politiker. Geb. Wien, 23. 12. 1863; gest. Graz (Stmk.), 31. 8. 1932. Sohn eines Tapezierers. S. absolv. nach der Realschule 1882–87 ein Chemiestud. an der Techn. Hochschule in Wien (der Titel Dr. techn. h. c., den S. führte, läßt sich archival. nicht belegen) und begann seine berufl. Laufbahn 1887 bei der Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft, wo er zunächst im Werkslaboratorium und dann als Hochofening. tätig war. 1893 wurde S. in die Dion. versetzt, leitete aber gleichzeitig die beiden Hochofenanlagen, die Erzgießerei, den Erzbergbau und die Schamottefabrik. 1901–15 führte er als Generaldir. des Unternehmens v. a. die Reorganisation des kaufmänn. Sektors durch und schuf damit die Basis für den Bau einer der modernsten Stahl- und Walzwerksanlagen Europas. Daneben bekleidete S. auch zahlreiche Funktionen im Wirtschaftsleben: So war er u. a. Gründer und Präs. (später Ehrenpräs.) des 1904 gegründeten nordmähr.-schles. Industriellen-Verbandes, Vizepräs. des Arbeitgeber-Hauptverbandes, Vorstandsmitgl. der Eisenhütte Oberschlesien, Vorstandsmitgl. des Ver. dt. Eisenhüttenleute in Düsseldorf sowie Vors. des Aufsichtsrates der Pyroluzit AG. S. gehörte auch dem Beirat des Techn. Versuchsamts und während des Ersten Weltkriegs dem Hauptausschuß für Kriegs- und Übergangswirtschaft an. Nach dem Krieg bewirtschaftete er sein Gut in Thal bei Graz. 1920 wurde er in die Kammer für Handel, Gewerbe und Ind. in Graz gewählt und war dort im Volkswirtschaftl., im Sozialpolit., im Justiz- und im Verwaltungsrechtsausschuß tätig. Im Dezember 1926 wurde S. zum Vizepräs. der Grazer Handelskammer gewählt. Auch in der Nachkriegszeit hatte S. zahlreiche Funktionen im Wirtschaftsleben inne: So war er Vizepräs. der Austro-Saar Montan AG, Mitgl. mehrerer Verwaltungsräte, u. a. der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau-Ges., der Österr.Brown-Boveriwerke AG und der Österr. Kraftwerke AG, sowie Vizepräs. bzw. später Präs. der Dampfkesseluntersuchungs- und Versicherungs-Ges. in Wien. Daneben war S. auch Mitgl. des Beirates der österr. Abt. der internationalen Handelskammer, des Vorstands der Eisenhütte Österr. und des leitenden Ausschusses des Hauptverbandes der Ind. Österr. Im Juni 1930 wurde S. zum Bundesmin. für Handel und Verkehr im dritten Kabinett Schober ernannt. Polit. stand er der Heimwehr nahe, wurde aber bes. von der Ind. als Vertreter ihrer Interessen in der Regierung betrachtet. Nach nur dreimonatiger Amtszeit, in der die Handelspolitik nach außen v. a. durch den Bundeskanzler vertreten wurde, reichte S. im September 1930 – nur einen Tag bevor die gesamte Regierung zurücktrat – seine Demission ein, da er im Zuge des Konflikts zwischen Johannes Schober (s. d.) und Heeresminister Carl Vaugoin in der Frage der Besetzung des Generaldir.Postens der Österr. Bundesbahnen mit Franz Georg Strafella als Vermittler gescheitert war.