Schwingshackl, P. Johann (1887-1945), Ordensangehöriger und Widerstandskämpfer

Schwingshackl P. Johann, SJ, Geistlicher und Widerstandskämpfer. Geb. Welsberg, Tirol (Monguelfo/Welsberg, Italien), 4. 5. 1887; gest. München, Dt. Reich (Dtld.), 27. 2. 1945. Sohn eines Bergbauern. S. arbeitete bis zu seinem 24. Lebensjahr in der Landwirtschaft, begann dann ein Gymn.Stud. in Brixen (Bressanone/Brixen), mußte jedoch mit Kriegsbeginn 1914 einrücken. Bereits ab September verwundet in russ. Kriegsgefangenschaft, war er bis 1916 in Irkutsk am Baikalsee, wo er sich eine tuberkulöse Lungeninfektion zuzog, dann in der Nähe von Moskau (1917 u. a. Typhus-Erkrankung) interniert, bis er im August 1918 in die Heimat zurückkehren konnte. Nach Kriegsmatura am Staatsgymn. Brixen trat S. 1919 in den Jesuitenorden ein und stud. 1920–26 Phil. und Theol. an der Univ. Innsbruck und ein Jahr in Krakau (Kraków), 1924 Priesterweihe in Innsbruck. 1926 mußte er schwer lungenkrank zur Kurbehandlung nach Davos, wo er sein Kriegstagebuch überarbeitete, 1927 zum Heilaufenthalt nach Welsberg. Ab 1928 war S. im Innsbrucker Canisianum tätig, 1930 als Socius, dann als Novizenmeister in St. Andrä im Lavanttal, ab 1933 als Volksmissionar in Tirol. 1936 wurde er Novizenmeister für die Missionsges. „Regina Apostolorum“ in Straßhof (NÖ). 1938 als Rektor an die Pfarre St. Martin in Wien versetzt, fungierte er daneben auch als Seelsorger der Sodalinnen der Jungfrauenkongregation. 1941 wurde S. von seinen Ordensoberen aus Wien abgezogen und nach Steyr versetzt und wirkte ab dem darauffolgenden Jahr in Bad Schallerbach. S., der sich schon vor dem „Anschluß“ 1938 öff. krit. über den Nationalsozialismus geäußert hatte, versuchte, diesen v. a. im Rahmen seiner pastoralen Tätigkeit zu bekämpfen. So nahm er etwa in seinen Predigten gegen den Druck, mit dem Christen zum Abfall genötigt wurden, Stellung, entwarf ein Konzept, wie sich Kirche und Orden im Falle der Volksabstimmung 1938 verhalten sollten, oder baute in Wien Jugendgruppen auf, mit denen er Glaubensfragen konspirativ diskutierte. Mehrmals wurde er, auch aufgrund von Spitzelanzeigen, durch die Geheime Staatspolizei verhört und nach mehreren Verwarnungen 1943 mit Redeverbot belegt. Schließl. wurde S. im Februar 1944 verhaftet und im Dezember des selben Jahres in Salzburg durch Volksgerichtshof-Präs. Roland Freisler wegen „Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung“ zum Tode verurteilt. S. starb jedoch wenige Tage vor der Vollstreckung unter nicht restlos aufgeklärten Umständen im Gefängnis München-Stadelheim.

W.: Gefangen in Sibirien, in: Kath. Sonntagsbl., 20. 1. 1985 – 19. 3. 1986; usw.
L.: L. Maier, in: Theol.-prakt. Quartalschrift 107, 1959, S. 9ff.; B. M. Kempner, Priester vor Hitlers Tribunalen, 1966, s. Reg. (mit Bild); Zeugen des Widerstandes, bearb. von J. Holzner u. a., 1977, S. 88ff. (mit Bild); R. Zinnhobler, in: Jb. der Diözese Linz 1980, S. 76ff. (mit Bild); J. Innerhofer, Südtiroler Blutzeugen zur Zeit des Nationalsozialismus, 1985, S. 9ff. (mit Bildern); Biograph.-Bibliograph. Kirchenlex., hrsg. von F. W. Bautz und T. Bautz 9, 1995; Ch. Häupl, P. J. S., S. J., phil. DA Wien, 1995 (mit Quellenverzeichnis und L.).
(J. Reiter)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 64
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