Sedlacek, Franz August (1891-nach dem 1.2. 1945), Maler und Chemiker

Sedlacek Franz August, Maler und Chemiker. Geb. Breslau, Preußen (Wrocław, Polen), 21. 1. 1891; verschollen bei Thorn, Dt. Reich (Toruń, Polen), 1. 2. 1945 (1972 für tot erklärt). Sohn des aus Ried im Innkreis stammenden Maschinenbauing. und Kältetechnikers Julius S. S., ab 1897 in Linz wohnhaft, zeichnete bereits während seiner Realschulzeit Karikaturen und Bildgeschichten und schrieb Lautenlieder und Ged. Nach Absolv. der Oberrealschule in Linz (1909) stud. er ab 1910 an der Techn. Hochschule in Wien Architektur, wechselte aber 1911 (mit Unterbrechung des Stud. während der Kriegsjahre) zur chem.-techn. Fachrichtung (1919 Ing., 1922 Dr. der techn. Wiss.). Gem. mit Franz und Klemens Brosch, Anton Lutz, Hans Pollack und Heinz Bitzan 1913 in Linz an der Gründung des MAERZ beteiligt, veröff. er im selben Jahr seine erste Arbeit in der Wr. „Muskete“ und 1914 im Münchner „Simplicissimus“, ab 1920 stellte er in der Wr. Secession, deren Mitgl. er ab 1927 war, aus. 1920–21 arbeitete S. an der Versuchsstation und Brauereiakad. der Techn. Hochschule, ab 1921 im Techn. Mus. für Ind. und Gewerbe als Kustos in der Abt. Chem. Ind., 1926 erfolgte seine Berufung zum wiss. Ass.; 1939 bewarb er sich erfolglos um eine Dozentur für Chemie und Technol. der Malstoffe an der Wr. Akad. der bildenden Künste. Im Herbst 1939 erfolgte seine Einberufung in die dt. Wehrmacht als Oblt. der Res., 1941 Hptm.; 1942 stellv. Dir. am Techn. Mus. für Ind. und Gewerbe. S., ab 1928 mit Reyl-Hanisch v. Greifenthal (s. d.) bekannt, beteiligte sich an zahlreichen in- und ausländ. Ausst., so 1930 in den USA im Mus. of Modern Art, New York, 1938 an der International Exhibition of Paintings in Pittsburgh. S. erhielt 1933 und 1935 bei seiner Bewerbung um den österr. Staatspreis eine Medaille, 1937 den Staatspreis, 1939 eine Ausz. der Gauhauptstadt Wien; ab 1938 Mitgl. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus). Im graph. Schaffen S.s finden sich Gemeinsamkeiten mit Klemens Brosch, in seinen frühen Ölbildern bevorzugt er Einblicke in die Enge städt. oder dörfl. Siedlungen, die – durch ihren mittelalterl. aufgeklappten Prospekt – reich staffierte Szenen aus der Vogelsicht zeigen (E. Hintner). Surrealist.-symbol., poet. und mag., in den weiteren Schaffensjahren ähnl. Alfred Kubin, schuf der Chemiker seine Werke in altmeisterl. Lasurtechnik und bezog techn. Objekte (Eisenbahn, Flugzeug, Auto, Fahrrad) als Kontrast in die Grotesken ein. S.s zweifellos vorhandener Hang zum Unheimlichen, Abgründigen, wurde stets aufgefangen von aktiver Bewältigung in Satire, Humoreske oder Groteske. S., bei der Schlacht um die Festung Thorn vermißt, wurde angebl. zuletzt 1946 in einem brit. Kriegsgefangenenlager bei Ostende gesehen.

W.: s. u. bei E. Hintner-Weinlich.
L.: Czeike; Fuchs, Geburtsjgg.; Thieme–Becker; Vollmer; E. Hintner-Weinlich, Der Maler und Graphiker Dr. F. S. (1891–1945), 2 Bde., phil. Diss. Innsbruck, 1987 (mit W. und L.); E. Hintner, F. S. Werk und Leben 1891–1945, 1990 (mit Bild und L.); G. Wacha, in: linz aktiv 120, 1991, S. 56ff.; Ch. Bertsch – M. Neuwirth, Krieg, Aufruhr, Revolution. Bilder zur ersten Republik, 1995, S. 85ff., 179, 187; W. Aichelburg, in: Stud. zur Wr. Geschichte (= Jb. des Ver. für Geschichte der Stadt Wien 51), 1995, S. 20; M. Hochleitner, Bildende Kunst 1945– 55, OÖ (= Kat. des OÖ Landesmus., NF 87), Linz 1995, S. 7, 35, 99, 192, 243, 295f. (Kat.); K. Schröder, Neue Sachlichkeit. Österr. 1918–38, Wien 1995, S. 20, 37ff., 51ff., 59ff. (Kat.); M. Berger, in: Ausgeliefert. Beispiele österr. Graphik der Zwischenkriegszeit nahe der Phantastik (= Kat. des OÖ. Landesmus., NF 106), Wetzlar – Schlüchtern 1996, S. 74ff. (mit Bild, Kat.); Kunst aus Österr. 1896–1996, 1996, s. Reg.; E. Hintner-Weinlich, in: Belvedere. Z. für bildende Kunst, 1998, H. 2, S. 22ff.; M. Nagl, in: OÖ. Die Zeichnung im 20. Jh., 1999, S. 7, 44ff., 108.
(G. Wacha)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 84
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