Segusini, Giuseppe (1801-1876), Architekt

Segusini Giuseppe, Architekt. Geb. Feltre (Italien), 15. 7. 1801; gest. Belluno (Italien), 29. 3. 1876. S., der bis zu seinem 20. Lebensjahr das Bäcker- und Tischlerhandwerk ausübte, bildete sich in der Folge, finanziert durch Gönner, an der Accad. di Belle Arti in Venedig, durch ein intensives Selbststud. sowie auf Reisen in das Veneto, die Toskana, die Campagna, nach Ligurien, Latium und ins Piemont aus. Den ersten erhaltenen Plan zeichnete er bereits 1822 für ein allerdings nicht gebautes Landhaus in Feltre, seine erste Arbeit als Architekt führte er 1828 in Venedig im Auftrag der Kirche S. Maria Formosa aus. Kleinere Arbeiten folgten, so u. a. ein Tabernakel für die Kirche S. Girolamo in Feltre, ebenso sind Pläne für kirchl. Bauten erhalten (z. B. Erlau, Ungarn, 1831; nicht ausgeführt). Der Durchbruch gelang S. 1834 mit dem Bau des Theaters für die Stadt Belluno, aufgrund dessen er 1836 Ehrenmitgl. der Accad. di Belle Arti in Venedig wurde und 1838 den Titel und das Recht der freien Ausübung eines „architetto-ingegnere“ erhielt. 1840 legte er gem. mit dem Baumeister Paolo Vanotti einen Umbauplan für das Innsbrucker Hoftheater vor, 1844 den Plan für dessen Neubau (1846 eröffnet), aufgrund finanzieller Probleme konnten die beiden von S. geplanten Seitenflügel jedoch nicht ausgeführt werden. Weitere Theaterbauten errichtete er in Serravalle und Conegliano. Bereits 1841 reichte er Pläne (heute Venedig, Fondazione Giorgio Cini) für das neu zu errichtende Tiroler Landesmus. Ferdinandeum in Innsbruck ein, wobei er nicht nur ein Gebäude im Renaissancestil plante, sondern zugleich auch ein Konzept für die Unterbringung der unterschiedl. Smlgg. (von der Natur- bis hin zur Kunstsmlg.) unter einem Dach lieferte. Realisiert wurde allerdings A. Mutschlechners (s. d.) Entwurf. Dafür verwirklichte S. seine Vorstellungen eines Mus. in Possagno („Gipsoteca“), Canovas (s. d.) Geburtsort, das er im Auftrag von dessen Stiefbruder errichtete. Für Innsbruck sind noch ein nicht realisierter Hotelbau (1843) und ein in der Tagespresse als schönstes Denkmal auf dem Friedhof gefeiertes Monument für Luigi Lazzaris (1851) belegt. Insgesamt sind heute noch die Pläne (im Besitz des Mus. Civico in Feltre) für 98 ausgeführte Bauten und 54 unausgeführte Projekte erhalten (z. B. nahm er am Wettbewerb für die Errichtung der Votivkirche in Wien teil). Für seine weltl. wie kirchl. Arbeiten, die sich v. a. im venetian. Raum befinden, wurde der dem neoklassizist. Stil verpflichtete „Ingenieur-Architekt“ S. von unterschiedl. italien. Akad., von Papst Pius X. und Kg. Vittorio Emmanuele II. ausgez.

W.: s. u. bei A. P. Zugni-Tauro und S. Weber.
L.: Thieme–Becker; Vollmer; K. k. privilegierter Bothe von und für Tirol und Vbg., 27. 4. 1846; Innsbrucker Ztg., 17. 11. 1851; A. P. Zugni-Tauro, in: Bollettino del Centro Internationale di Studi Architettura Andrea Palladio 5, 1963, S. 245ff. (mit W. und L.); S. Weber, Artisti Trentini e Artisti che operarono nel Trentino, 2. Aufl. 1977, S. 330f. (mit tw. W.); Die Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck. Die Hofbauten, bearb. von J. Felmayer u. a. (= Österr. Kunsttopographie 47), 1986, s. Reg.; Ch. Hoh-Slodczyk, Carlo Scarpa und das Mus., 1987; B. Schlorhaufer, Zur Geschichte eines Regionalmus. der Donaumonarchie im Vormärz. Der Ver. des Tiroler Nationalmus. Ferdinandeum 1823–48, phil. Diss. Innsbruck, 1988, Kapitel: Ferdinandeumsprojekte, S. 7ff., Viten der Architekten, S. 8ff. (mit bibliograph. Angaben), Werkkat. zum Planmaterial, S. 16ff. (mit Abb. der das Ferdinandeum betreffenden Pläne S.s); The Dictionary of Art 28, 1996; N. Rasmo, Kunst in Südtirol, o. J., S. 74; Mitt. Giuseppe Mario Costantini, Belluno, Italien.
(E. Hastaba)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 55, 2001), S. 113f.
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